BundesratStenographisches Protokoll760. Sitzung / Seite 89

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In diesem Sinne geben wir diesem gemeinsamen Entschließungsantrag auch gerne unsere Zustimmung – in der Hoffnung, dass möglichst wenig Haftungsübernahmen wirklich schlagend werden. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Bundesräten der SPÖ.)

14.08


Präsident Jürgen Weiss: Ich erteile nun Herrn Staatssekretär Dr. Matznetter das Wort. – Bitte.

 


14.08.03

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Christoph Matznetter: Herr Präsident! An erster Stelle möchte ich den Entschließungsantrag aller Fraktionen begrüßen. Wir haben eine wichtige Aufgabe zu erfüllen. Es wurde von meinen Vor­rednern und Vorrednerinnen bereits angesprochen, dass wir weltweit vor einer Finanzmarktkrise stehen, wie wir sie in diesem Ausmaß in den letzten Jahrzehnten – die meisten zu ihren Lebzeiten – nicht erlebt haben.

Es ist, denke ich, unbestritten, dass Folgendes dafür jedenfalls nicht die Ursache ist: Es haben weder die österreichischen Banken noch österreichische Firmen oder österreichische Anleger von sich aus durch ihr Verhalten in irgendeiner Form Anlass dafür gegeben, in einen solchen Zustand zu geraten.

Wir haben anständige Institute, wir haben einen funktionierenden Einlagenmarkt mit einer hohen Sparquote, und wir haben ein funktionierendes Bankwesen, das bisher die notwendigen Kredite im erforderlichen Ausmaß bereitstellen konnte und das ein hohes Ausmaß an Sicherheit auch für die Einlegerinnen und Einleger in der österreichischen Bevölkerung gewährleistet.

Es ist aber klar: Jeder, der täglich beim Aufschlagen der Zeitung mit einer neuen Meldung konfrontiert wird, dass Banken mit unvorstellbaren Summen gerettet werden müssen, wird verunsichert. – Heute hat die britische Regierung de facto das gesamte systemrelevante Bankennetz teilprivatisiert (Bundesrat Molzbichler: Teilverstaat­licht!), teilverstaatlicht – danke für die Berichtigung, die ist wichtig (Bundesrat Gruber: Ja, das ist ein elementarer Unterschied!) –, und es besteht keine andere Möglichkeit, ansonsten ein Funktionieren zu gewährleisten.

Wir dürfen aber auch nicht vergessen, dass die derzeitige weltweite Entwicklung keine war, die im Himmel passiert ist – so wie die Kuh aus dem vorigen Beispiel nicht im Himmel gefüttert worden ist –, sondern dass es dafür profunde Ursachen gibt. Offen­sichtlich ist die menschliche Zivilisation nicht in der Lage, so wie jedes Kind, das sich einmal an der Herdplatte verbrannt hat, zu lernen, dass man auch nach einiger Zeit kein zweites Mal draufgreift.

Immer wieder wird eine Lehre gezogen – zum Beispiel die Erkenntnis minimaler Natur, dass man Märkte nicht ohne Verkehrsregeln stattfinden lassen kann –, und nach ein paar Jahrzehnten kommen dann mit hoher Brisanz die Forderungen, ja nicht einzu­greifen, nur ja keine Verkehrsregeln aufzustellen. Ich möchte an dieser Stelle darauf hinweisen, dass bei jedem der Bereiche, in dem menschliche Schicksale davon abhängen, ob es Regelungen gibt, die gesamte Politik gefordert ist, dafür zu sorgen, dass diese Regeln vorliegen.

So, wie wir im Luftverkehr nicht zulassen können, dass jeder starten und landen kann, wann er will, mit welchem Flugzeug er will, egal, ob er genug Kerosin hat oder nicht, ob er einen Landeslot hat oder nicht, so, wie wir dort haarklein vorschreiben müssen, dass nur zugelassene Flugzeuge starten und Passagiere aufnehmen dürfen, dass sie nicht hinfliegen können, wo es ihnen gerade einfällt, und dass sie auch nicht das eine vortäuschen und etwas anderes tun dürfen, so werden wir auch bei den Finanzmärkten Regeln aufstellen müssen.

 


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