Beschluss des Nationalrates vom 27. Februar 2009 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Europawahlordnung und das Europa-Wählerevidenzgesetz geändert werden (425/A und 84 d.B. sowie 8046/BR d.B.)
Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir kommen zum 2. Punkt der Tagesordnung.
Berichterstatter ist Herr Bundesrat Preineder. Ich bitte um den Bericht.
Berichterstatter Martin Preineder: Herr Präsident! Hoher Bundesrat! Ich darf berichten über die Ausschusssitzung des Ausschusses für Verfassung und Föderalismus über den Beschluss des Nationalrates vom 27. Februar 2009 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Europawahlordnung und das Europa-Wählerevidenzgesetz geändert werden.
Der Ausschuss für Verfassung und Föderalismus stellt nach Beratung der Vorlage am 3. März 2009 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Ich bitte, in die Verhandlungen einzutreten.
Vizepräsident Jürgen Weiss: Danke für den Bericht. – Wir gehen in die Debatte ein.
Erster Redner ist Herr Bundesrat Ertl. – Bitte.
16.18
Bundesrat Johann Ertl (ohne Fraktionszugehörigkeit, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Meine Damen und Herren! Eine zweifelhafte Änderung der Briefwahl beim EU-Wahlrecht öffnet Tür und Tor für Wahlmanipulationen. Der Beschluss betreffend die fragwürdigen Änderungen zur Briefwahl bei der bevorstehenden Wahl zum Europäischen Parlament ist äußerst bedenklich, ja, ich meine, sogar verfassungsmäßig fahrlässig. Die Möglichkeit eines manipulativen Wahlverhaltens wird damit nicht nur massiv ausgeweitet, sondern es bestehen auch mehr als gerechtfertigte Bedenken, dass die Ausübung des freien, des geheimen, des persönlichen und des unmittelbaren Wahlrechtes ernsthaft gefährdet wird.
Dieses Gesetz ermöglicht nämlich, dass zukünftig eine Stimmabgabe im Nachhinein, nämlich nach der Schließung der Wahllokale am Wahltag, erfolgen kann und es dann nicht mehr nachvollziehbar sein wird, wann und wo eine Stimme per Briefwahl abgegeben wurde. Lediglich eine vorgesehene eidesstattliche Erklärung des Wählers und dessen Unterschrift bestätigen, dass die Briefwahlkarte ordnungsgemäß, nämlich persönlich, unbeobachtet, unbeeinflusst und vor dem Schließen des letzten Wahllokales, ausgefüllt wurde. Dieses Gesetz scheint kaum ein taugliches Mittel zu sein, um einem Missbrauch auch faktisch vorzubeugen.
Rechts- und Verfassungsexperten sehen in dieser strittigen Änderung des EU-Wahlrechts im Bereich der Briefwahl einen weiteren Schritt in die Richtung eines problematischen und zweifelhaften Wahlsystems ohne faktische Kontrolle, dazu mangelhafte Nachvollziehbarkeit hinsichtlich der abgegebenen Wählerstimmen.
Die Briefwahl darf nur jenen Wahlberechtigten offenstehen, die sich im Ausland aufhalten und ihrem Wahlrecht nicht anders nachkommen können. Unsere Regierungsparteien gefährden das bewährte Wahlrechtsprinzip. Die Österreichische Hochschülerschaft liegt völlig richtig, wenn sie in einer Aussendung die Wahrung der Grundsätze des geheimen, persönlichen und freien Wahlrechts – kurz: einer demokratischen Stimmabgabe – durch die Briefwahl gefährdet sieht.
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