Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 106. Sitzung / Seite 38

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mung in den Betrieben, Herr Kollege Stummvoll, ist wesentlich schlechter, als Sie meinen. Wenn sie gut ist, dann ist sie es nicht deswegen, weil sich die Leute über die Regierung freuen, sondern weil die Unternehmer tüchtig sind, Herr Kollege Stummvoll (Beifall beim Liberalen Forum), und weil trotz dieser Politik der Optimismus noch nicht ganz erwürgt ist. Deswegen ist die Stimmung manchmal gut.

Aber wegen der Regierungspolitik ist die Stimmung bestimmt nicht gut, denn Sie haben in den letzten Monaten soviel Chaos erzeugt, so zum Beispiel im Rahmen der Werkvertragsregelung, ein derartiges Chaos, daß selbst eintägige Seminare die Leute nicht in die Lage versetzen, zu wissen, was jetzt tatsächlich Sache ist. Und auch die Gebietskrankenkassen wissen das, in Konsequenz gedacht, nicht, sondern müssen sich Wochen Zeit nehmen, um Antworten auf berechtigte Anfragen von möglicherweise Pflichtversicherten zu geben.

Was das für die Stimmung bedeutet, wissen Sie. Die Stimmung ist sehr wichtig. Auch wir Liberalen sind nicht der Meinung, daß es gut ist, wenn man krankjammert. Aber das heißt nicht, daß man nicht mehr Kritik äußern darf. Es gibt viele Defizite, die die Regierung zu verantworten hat: Im Bereich der Flexibilisierung der Arbeitszeiten, im Bereich der Lohnnebenkosten haben Sie vieles versäumt und nicht getan. Im Gegenteil: Sie haben neue Lohnnebenkosten erfunden. Daher ist die Frage: Wie hat die Regierung auf das Phänomen Arbeitslosigkeit eingewirkt: positiv oder negativ?, nicht so einfach zu beantworten, wie Sie das hier tun.

Die Regierungspolitik hat nicht alle Hindernisse aus dem Weg geräumt, sodaß sich die Arbeitsmärkte entfalten können (Abg. Dr. Stummvoll: Nicht alle! Okay! Nicht alle!)  – höchstens ein paar, aber gleichzeitig neue errichtet, Herr Kollege Stummvoll! Das ist das Tragische, weil offenbar der Kompromiß, den Sie schließen müssen, immer so aussieht: Auf der einen Seite machen wir eine Reform, auf der anderen Seite machen wir einen Schritt zurück! Damit bleiben Sie am Platz stehen, und das ist zuwenig.

Auch bei der von Ihnen so genannten "Pensionsreform" haben Sie offenbar die Auswirkungen auf die Altersarbeitslosigkeit überhaupt nicht bedacht. Wir haben immer scharf kritisiert, daß wir ein System haben, in dem Sie die Altersarbeitslosigkeit in den Frühpensionisten verstecken. Jetzt verstecken Sie sie nicht mehr so sehr, aber um das Problem der Altersarbeitslosigkeit haben Sie sich nicht gekümmert, überhaupt nicht! Im Gegenteil: Sie haben ein merkwürdiges Bonus-Malus-System eingeführt, das zur Folge hatte – und weiterhin zur Folge haben wird –, daß ältere Mitarbeiter erst recht aus dem Arbeitsprozeß gedrängt werden; ältere Frauen schon überhaupt, weil durch die Asymmetrie im Pensionsantrittsalter und durch die Prämiengestaltung die Wirkung entsteht – da es in Ihrem Bonus-Malus-System sinnvoll ist –, ältere Frauen zu kündigen und dafür ältere Männer anzustellen. Ich meine, das ist keine gute Performance.

Zum Abschluß meiner Überlegungen: Herr Kollege Stummvoll, gerade Sie spreche ich an, weil ich die Hoffnung habe, daß Sie manches davon aufnehmen. Kollegen Khol spreche ich in diesem Fall nicht an, weil die Arbeitswelt nicht die seine ist.

Es muß mehr in Richtung Öffnung der Möglichkeiten geschehen, statt zu behindern. Insofern verstehe ich zwar einen Abgeordneten einer Regierungspartei, wenn er sich jetzt der Misere bei den Freiheitlichen erfreut, aber sich nur daran aufzurichten, daß es jemand anderem schlecht geht, ist für eine Regierung zu wenig. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

10.18

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Öllinger. – Bitte.

10.18

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Werte Frau Ministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich hätte mir eigentlich gewünscht, daß zu dieser Debatte über die Arbeitslosigkeit, die ausgerechnet von den Freiheitlichen verlangt wurde, auch der Chef der Partei, der das Thema Arbeitslosigkeit als das wichtigste, wichtiger als alles andere in diesem Land, bezeichnet hat, anwesend ist und zumindest auch dazu spricht, wenn dieses Thema schon das wichtigste in diesem Lande ist! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)


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