Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 110. Sitzung / Seite 42

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Es ist das ein ähnlicher Weg, wie er auch in anderen Bereichen beschritten wird, etwa bei der Gewerbeordnung 1997. Auch da sind die Anrainer weitgehend ihrer Anrainerrechte beraubt worden, auch da haben die Anrainer keine Möglichkeit mehr, außer daß sie Einwendungen machen können. Sie erlangen keine Parteistellung mehr, sie erhalten allerdings "großzügig" die Möglichkeit eingeräumt, ein Verfahren nach § 79 Gewerbeordnung zu beantragen, sie müssen aber die Beweise erbringen. Das heißt, sie müssen Sachverständigengutachten vorlegen, und diese Sachverständigengutachten kosten erfahrungsgemäß teilweise Zigtausende Schilling, teilweise Hunderttausende Schilling. Und welcher Anrainer kann es sich schon leisten, wenn er durch den Gestank, durch den Lärm, durch den Staub eines Anrainerbetriebes beeinträchtigt wird, ein Sachverständigengutachten zum Preis von zigtausend oder hunderttausend Schilling zu bestellen, ehe er sich an die Gewerbebehörde wenden kann? – Es ist also der Weg zur Gewerbebehörde praktisch unmöglich gemacht! (Beifall bei den Freiheitlichen und den Grünen.)

Diesbezüglich hat uns auch der Verfassungsdienst des Bundeskanzleramtes recht gegeben. Man hat uns dort gesagt: Ja, diese Bürger müssen die Kosten selbst tragen, aber wir haben ein gewisses Unbehagen dabei, wenn wir das mitteilen! – Das heißt also, man freut sich offenbar selbst nicht über die Auswirkungen der Gewerbeordnung 1997, die zum Nachteil des betroffenen Bürgers gehen.

So ähnlich ist es auch bei den ausgegliederten Rechtsträgern. Ich darf Sie also bitten, meine sehr geehrten Damen und Herren, Ihre Haltung zur Frage der Prüfung von ausgegliederten Rechtsträgern doch noch einmal zu überdenken.

Denken Sie bitte daran, daß die Justiz in Österreich immer stärker auf die Mediation setzt. Der Justizminister verweist bei allen möglichen Gelegenheiten immer wieder darauf, daß er durch die Mediation in Hinkunft wesentliche Einsparungen möglich machen möchte – Einsparungen zugunsten der Verwaltung und Einsparungen zugunsten des Bürgers.

Das Parlament beschließt jetzt, daß ein Verwaltungsbereich aus einer bestehenden und funktionierenden Mediation ausgeschlossen wird, und der Bürger wird auf den Zivilrechtsweg verwiesen. Das ist also genau die umgekehrte Entwicklung: Die Gerichte gehen in Richtung Mediation, und die Verwaltung verweist die Leute auf den Zivilrechtsweg. Ich glaube, daß das kein guter Weg für den österreichischen Staatsbürger ist. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP, den Freiheitlichen und den Grünen.)

11.05

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Karlsson. 10 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Frau Abgeordnete, bitte.

11.05

Abgeordnete Dr. Irmtraut Karlsson (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Volksanwälte! Hohes Haus! Ich bin als ehemalige Bundesrätin sehr dankbar dafür, daß Herr Volksanwalt Schender, der aus der FPÖ kommt, in seinen Ausführungen den Bundesrat als wichtig bezeichnet und gelobt hat, denn vor etwas mehr als einer Stunde hat ein Fraktionskollege von Ihnen gesagt, das sei ein unnötiges politisches Austragstüberl, das man eigentlich abschaffen sollte. (Abg. Scheibner: Lassen Sie einmal die Parteipolitik weg bei der Volksanwaltschaft!) Daher bin ich wirklich dankbar, daß Sie aus Sicht der Volksanwaltschaft den Bundesrat hier so lobend erwähnt haben. (Beifall bei der SPÖ.)

Weiters möchte ich auf folgendes hinweisen: Sie haben aus Ihrer Sicht die eine Seite der Medaille, nämlich den Bürger, der jetzt den ausgegliederten Betrieben gegenübersteht, dargestellt. Auf der anderen Seite gibt es aber genauso mächtige Stimmen, die sagen: Privatisieren, ausgliedern, die Politik hat dort nichts mehr zu reden! – Das heißt, wenn das Management eine Entscheidung trifft, hat sich die Politik nicht mehr einzumischen. Das ist ausgemacht, und deshalb sind diese Betriebe ausgegliedert. Doch es wird öfters gefordert: Auf der einen Seite dürft ihr euch zwar nicht einmischen, auf der anderen Seite wollen wir aber doch, daß geprüft wird! Irgendwie ist das ein sehr diffiziles Abwägen der Rechte und Pflichten und des Prozesses der Privatisierung. Und das ist die Schwierigkeit, vor der wir stehen!


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