Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 110. Sitzung / Seite 53

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Die Volksanwaltschaft hat in ihrem hervorragenden Bericht viele wichtige Punkte festgehalten, und ich möchte auf einen Punkt besonders hinweisen. Man konnte erkennen, daß es vor allem bei den Fristen extreme Zeitunterschiede gibt. Der Bericht der Volksanwaltschaft zeigt ein besonderes Beispiel: Nahezu rekordverdächtig scheint die Dauer eines amtswegigen Prüfungsverfahrens, das nahezu sechs Jahre gedauert hat – und das im Bereich des Bundesministeriums für Inneres. Die Geschichte ganz kurz: Die Exekutive hat auf der Suche nach illegalen Fremden Warn- und Verständigungsschüsse abgegeben, wobei eine Privatperson verletzt wurde. Bei der Kontrolle dieses Vorganges ist die Volksanwaltschaft draufgekommen, daß bei der Bundesgendarmerie und bei der Bundespolizei im Gegensatz zu Justiz, Zollwache und dem Bundesheer die Warn- und Verständigungsschüsse unterschiedlich abgegeben werden, und zwar von den Erstgenannten in den Boden, sofern nicht die Gefahr von Gellern besteht, und im zweiten Fall in die Luft.

Diese Unterschiede bei der Ausbildung wurden auch dem Bundesminister für Inneres mitgeteilt, der daraufhin erklärte, daß eine Änderung nicht in Frage kommt. Was aber besonders bedenklich erscheint und zeigt, mit welcher Ignoranz gegenüber der Volksanwalt aufgetreten wird, möchte ich hier wörtlich zitieren: Obwohl der Bundesminister für Inneres im konkreten Einzelfall im Amtshaftungsverfahren einem gerichtlichen Vergleich auf Zahlung eines sechsstelligen Betrages an den Verletzten zugestimmt hat, sieht er sich zur Änderung der Ausbildungsmaßnahmen in diesem Punkte nicht bereit. – Das heißt: Der Aufforderung zur Gleichstellung in der Ausbildung der Exekutive wird nicht nachgekommen.

Nächster und abschließender Satz: Dies muß umso mehr verwundern, als Amtshaftungsansprüche nur bei einem schuldhaft rechtswidrigen Organverhalten bestehen, die Beamten aber entsprechend ihrer Ausbildung gehandelt haben. – Das heißt, die Beamten haben gemäß den Vorschriften gehandelt, und trotzdem wird nach dem Gesetz der Amtshaftungsanspruch für den Verletzten wahrgenommen. Hier liegt ein klarer Bruch des Gesetzes vor, den die Volksanwaltschaft aufgezeigt hat.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn man bedenkt, daß Exekutivbeamte, die während der Ausübung ihres Dienstes verletzt werden, von ihrem Dienstgeber derart vernachlässigt werden, daß ihren Ansprüchen auf Entschädigungen nicht nachgekommen wird oder die Verfahren sehr, sehr lange dauern, in diesem Fall aber Entschädigungen an Personen ausbezahlt werden, die nach den bestehenden Rechtsvorschriften keinen Anspruch darauf haben, dann muß man sagen, daß das eine grobe Verletzung der Gesetze ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich ersuche Sie, unserem Entschließungsantrag zuzustimmen. Wie ich schon vorhin erwähnt habe, ist er nicht Ausdruck eines Wunsches der Freiheitlichen, sondern ein Wunsch der Volksanwaltschaft, um den Bürgern in ihren Rechten helfen zu können. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

11.59

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der vom Abgeordneten Lafer vorgetragene Entschließungsantrag ist geschäftsordnungsgemäß unterstützt; er steht daher mit in Verhandlung.

Nächste Wortmeldung: Frau Volksanwältin Korosec. – Bitte.

11.59

Volksanwältin Ingrid Korosec: Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren des Hohes Hauses! Erlauben Sie mir, bevor ich auf die direkten Fragen meines Geschäftsbereiches eingehe, einige grundsätzliche Bemerkungen. Selbstverständlich möchte auch ich Ihnen herzlich für Ihr Interesse am Bericht und für Ihr Lob danken.

Wir Volksanwälte verstehen uns als Serviceeinrichtung zur Wahrung der Bürgerrechte, eine Serviceeinrichtung, die von Ihnen, sehr geehrte Damen und Herren, vor 20 Jahren geschaffen wurde. Wir sind dem Parlament in diesem Sinne auch verpflichtet, und zwar nicht nur im Rahmen der Berichte, sondern in allen Formen der Zusammenarbeit, die über den Status quo auf jeden Fall hinausgehen sollten und meiner Überzeugung nach hinausgehen müßten. Denn wir sammeln ja authentische, sehr unmittelbare Erfahrungen. Da geht es um den Ärger der


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