Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 111. Sitzung / Seite 37

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Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gehen nunmehr in die Debatte ein. Redezeit der einzelnen Redner: 10 Minuten, wie bekannt.

Als erste gelangt Frau Abgeordnete Dr. Petrovic zu Wort. – Bitte sehr.

16.02

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Bundeskanzler! Hohes Haus! Ich finde es sehr positiv, daß sowohl der Bundeskanzler als auch die Konsumentenschutz- und "Teilumweltministerin" an der Debatte über die Dringliche Anfrage teilnehmen. Damit enden aber meine positiven Wahrnehmungen auch schon, denn folgendes war sehr bemerkenswert: Herr Bundeskanzler, Sie haben zwar den Konsens in der Antiatompolitik Österreichs beschworen, aber Sie haben ihn, denke ich, mit dieser Erklärung – wie Politikerinnen und Politiker das nun einmal können und auch verstehen – verlassen, und nicht die Grünen oder eine andere Fraktion.

Sie haben diesen Konsens ziemlich klar verlassen, indem Sie eine sehr entscheidende Wendung eingeführt haben, nämlich unter dem Motto des – Anführungszeichen – "atompolitischen Realismus". Der "atompolitische Realismus" und das, was Sie darunter verstehen, sind eine Änderung gegenüber jener Linie, die etwa Umweltministerin Flemming oder auch Bundeskanzler Vranitzky vertreten haben. (Beifall bei den Grünen. – Bundeskanzler Mag. Klima: Nein!)  – Doch. Ich werde Ihnen das begründen. Ich gehe zuerst auf den Energiebereich ein, dann auf den NATO- und Atomwaffenbereich.

Zum Energiebereich: Herr Bundeskanzler! Wieso ist die Stellungnahme der Bundesregierung nicht fertig, wenn Sie bereits seit März 1997 wissen, daß das im Prinzip geplant ist? Muß man "sooo" sorgfältig vorgehen (Bundeskanzler Mag. Klima: Ja!), daß das just heute nicht fertig sein kann? (Zwischenruf des Abg. Oberhaidinger. ) Es ist vor allem so, Herr Abgeordneter, wie Kollegin Langthaler völlig richtig gesagt hat: Die Einwendungsfrist, die formale Einwendungsfrist im Rahmen des UVP-Verfahrens, endet heute, und zwar für alle Beteiligten! Herr Bundeskanzler! Die Gebietskörperschaften und Gemeinden in Tschechien haben ein Recht darauf, die eingegangenen Einwendungen noch einmal zu begutachten und dazu Stellung zu nehmen. Das originäre Recht der Einwendungen endet leider heute – und zwar ungenützt von seiten der Bundesregierung! (Beifall bei den Grünen. – Weiterer Zwischenruf des Abg. Oberhaidinger. )

Wäre es um den "energiepolitischen Realismus" gegangen, warum hätte dann Umweltministerin Flemming seinerzeit nach Wackersdorf fahren sollen? – Es war damals nicht realistisch, daß der Bau der Wiederaufbereitungsanlage Wackersdorf oder des schnellen Brüters in Frankreich noch zu stoppen ist. All die vielen kleineren Erfolge der Anti-AKW-Bewegung waren nicht realistisch, als einige Bürgerinnen und Bürger, unterstützt von einigen Politikerinnen und Politikern, über alle Fraktionsgrenzen hinweg mit dem Widerstand begonnen haben. Zunächst war all das nicht realistisch, und es ist doch gelungen!

Herr Bundeskanzler! Wenn Sie von Anfang an – und das ist die Wendung – fragen: Was könnte realistisch sein?, können Sie keine großen Änderungen mehr bewirken!

Noch etwas: Es gibt im Nahbereich Österreichs ein einziges wirklich absolut sicheres Atomkraftwerk, und das heißt Zwentendorf. Dieses einzige wirklich absolut sichere Atomkraftwerk ist damals auch nicht durch die Regierung, wohl aber durch die Ermöglichung einer demokratischen Entscheidung durch die Bevölkerung von der Realität "weggerückt" und hundertprozentig gesichert worden. Sonst kenne ich kein sicheres AKW.

Daher besteht der Meilenstein der Richtungsänderung der Bundesregierung, die Sie heute hier ausgesprochen haben, darin (Zwischenbemerkung des Bundeskanzlers Mag. Klima – doch, Herr Bundeskanzler, nichts anderes ist es –, daß Sie von einem Ausstiegsszenario – von mir aus mit Übergangsfristen, mit Hilfestellung, aber von einem klaren Ausstiegsszenario – zum Slogan der verbesserten Sicherheit übergegangen sind.


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