Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 115. Sitzung / Seite 52

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf .

Wir setzen in der Rednerliste fort.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Schieder. Gleiche Redezeit. – Bitte.

11.11

Abgeordneter Peter Schieder (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister für Finanzen! Frau Staatssekretärin! Herr Außenminister! Die Debatte, die wir heute führen, ist meiner Meinung nach in einigen Punkten mißverständlich; von manchen vielleicht bewußt mißverständlich geführt, jedenfalls mißverständlich für den Zuschauer beziehungsweise Zuhörer.

Die Frage des Herrn Außenministers: Wer jagt denn eigentlich Karadýi%?, also die Frage nach der Tätigkeit der NATO, ist nicht die Frage nach dem NATO-Beitritt. Auch die Behauptung des Abgeordneten Haider: Da übt ja Österreich schon mit der NATO, da fliegen manchmal auch NATO-Flugzeuge über unser Land! ist nicht automatisch die Frage nach der Neutralität. (Abg. Scheibner: Was denn?) Denn es kommt darauf an, wer den jeweiligen Einsatz angeordnet hat. Es kommt darauf an, ob es im Auftrag der UNO oder der OSZE stattfindet oder von der NATO selbst entschieden wird. (Abg. Scheibner: Wo steht das im Völkerrecht?)

Die österreichische Haltung ist: Bei UNO-Einsätzen sowie auch bei Katastropheneinsätzen ein Ja zur Zusammenarbeit und zur Vorbereitung mit anderen – auch mit der NATO –, was uns als Sozialdemokraten Sorgen bereitet, ist nicht das gemeinsam Tätigwerden mit der NATO für die UNO oder bei Katastrophen, sondern was uns Sorgen macht, ist, daß das Bündnis NATO nicht dann tätig wird, wenn es die UNO beschließt, sondern daß es auch tätig werden kann, bevor die UNO überhaupt Gelegenheit gehabt hat, eine Sache zu behandeln.

Davor haben wir Angst, dem gilt unsere Sorge, daß, weil ein Flugzeug oder ein Schiff im Mittelmeer oder nördlich des Wendekreises des Krebses angegriffen wurde, ein Krieg gegen dieses Land unter Ausnutzung eines UNO-Rechtes geführt wird, bevor die UNO sich damit beschäftigt hat (Zwischenruf des Abg. Dr. Haider ), und daß der Beschluß darüber nicht von der Völkergemeinschaft nach Recht gefaßt wird, sondern von einem Bündnis.

Das ist unsere Sorge, Herr Minister. Es geht nicht darum, daß wir mit der NATO bei Einsätzen zusammenarbeiten. Das tun wir, das werden wir weiter tun, wenn es sich um UNO-Einsätze, um OSZE-Einsätze oder auch um die EU sowie um Katastrophenfälle handelt. Selbstverständlich! Es geht darum: Sollen wir darüber hinaus in einem Bündnis sein, das selbst beschließt, wann es in bestimmten Situationen einen Krieg führt, ohne daß die UNO damit befaßt worden ist? – Und das ist das Mißverständnis, das hier vorliegt!

Meine Damen und Herren! In der Sicherheitsdebatte geht es im wesentlichen aber auch darum, wie die zukünftige Sicherheitspolitik Europas ausschauen soll. Der Herr Außenminister hat sich erfreulicherweise zu einer europäischen Sicherheitspolitik bekannt. Wir Sozialdemokraten wollen die Sicherheitspolitik in Europa noch stärker zu einer Angelegenheit der EU machen. Natürlich braucht Europa die NATO noch für eine gewisse Zeit, natürlich geht heute nichts ohne NATO, aber in der Zukunft wird dieses Europa doch eine eigene sicherheitspolitische Komponente entwickeln.

Ein Europa, das eine gemeinsame Währung, einen gemeinsamen Paß, eine gemeinsame Grenzpolizei hat und in vielen Dingen zu einem Staat wird, soll die Verteidigungspolitik den einzelnen Mitgliedern oder der NATO überlassen? – Das kann doch nicht die Zukunft, das kann doch nicht die Vision von Europa sein. Unsere Vision von Europa ist, daß auch die Sicherheitspolitik eine europäische Angelegenheit, eine Angelegenheit der EU, des Völkerrechtes wird! (Abg. Scheibner: Dann wäre es das!) Dafür treten wir Sozialdemokraten ein! (Beifall bei der SPÖ.)

11.17

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Scheibner. – Bitte.


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite