Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 115. Sitzung / Seite 74

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Oder schauen Sie sich einmal an, was alles an Bürokratie seitens der Betriebe verkraftet werden muß. Es gibt beispielsweise in der Europäischen Kommission eine Produktsicherheits-Notfallsverordnung für Produktsicherheits-Notfallsverfahren. Dabei beschäftigen sich die Europäische Union, das Bundeskanzleramt, die Landesregierungen und die Bezirkshauptmannschaften mit Produktsicherheits-Notfallsverfahren der Europäischen Kommission etwa für Liegestühle. Da wird für Liegestühle ein Produktionssicherheitsverfahren eingerichtet; unzählige Bürokraten auf allen Ebenen der österreichischen Bürokratie sind da tätig. Es wird ein Prüfungsvorgang für Liegestühle festgeschrieben. Da steht etwa zu lesen – ich zitiere –:

"Von außen zugängliche Öffnungen sind folgendermaßen zu überprüfen" (Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen)  – einen Satz noch! –: "Offene und von außen zugängliche Rohre, Löcher, Öffnungen und Vertiefungen mit einem Durchmesser von mehr als 7 Millimeter und weniger als 12 Millimeter müssen verschlossen sein, wenn der Prüffinger des Beamten in eine Eintiefung von 10 Millimetern eingeführt werden soll." – Zitatende. (Ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Da hätten Sie Handlungsbedarf! (Präsident Dr. Neisser gibt neuerlich das Glockenzeichen.) Da müßten Sie hineinfahren! In diesen Unsinn, der den Betrieben das Leben sauer macht und Arbeitsplätze vernichtet! Aber darauf geben Sie leider keine Antwort. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

12.39

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Haselsteiner. – Bitte. (Abg. Dr. Haselsteiner geht mit einer Torte, auf der sich eine Kerze befindet, in Richtung Rednerpult.) Ich hoffe, daß Sie die Torte gut zum Pult bringen. (Ruf bei den Freiheitlichen: Hat das die Kollegin Motter gebacken?)

12.39

Abgeordneter Dr. Hans Peter Haselsteiner (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sie werden sich natürlich fragen, was die Torte soll. (Der Redner zündet die Kerze an. – Abg. Dr. Khol: Das gehört in die Liturgie! Er zündet ein Kerzlein an!) Einmal im Jahr, Andreas, erlaube ich mir einen bescheidenen Aktionismus. (Abg. Dr. Khol: Dem Haselsteiner ist ein Licht aufgegangen!) Diese Torte bedeutet folgendes: Das nächste Budget – nicht das heurige – wird das dreißigste sein, das ein sozialistischer Bundesfinanzminister dem Hohen Haus zur Genehmigung vorlegen wird. Das dreißigste Budget!

Wenn ich trotzdem heute beim 29. Budget die Torte mitbringe und gratuliere, dann aus zwei Gründen: Erstens, weil es in meiner Familie üblich ist, daß man nicht die runden Geburtstage feiert, sondern den Geburtstag davor, denn bei den runden ist man mit einer gewissen Scheu behaftet. (Abg. Tichy-Schreder: Das ist doch keine Scheu! Das ist doch etwas Schönes!) Sie bedeuten sozusagen immer einen Lebensabschnitt, und der Dreißiger, liebe Frau Präsidentin Tichy-Schreder, ist ein besonders unangenehmer. Wir beide können uns zwar – bedauerlicherweise – noch gut an ihn erinnern (Abg. Tichy-Schreder: Ein schöner Tag!) , was mich betrifft, war jedoch ein bißchen Schmerz dabei. Und daher, Herr Bundesminister, auch die Torte zum 29. Budget.

Es gibt natürlich noch einen weiteren Grund, Herr Bundesminister: Jener Bundesfinanzminister, der die dreißigste Torte bekäme beziehungsweise im Hohen Haus das dreißigste Budget einbringen müßte, würde alt aussehen – und wird auch alt aussehen. Ich weiß nicht, Herr Bundesminister, ob Sie derjenige sein werden oder schon Ihr Nachfolger. Und das wollte ich Ihnen auch ersparen. Meine These, daß der sozialistische Bundesminister, der das 30., 31. und 32. Budget vorlegt, alt aussehen wird, möchte ich Ihnen gerne erläutern.

Zuerst einmal möchte ich Ihnen allen, meine Damen und Herren, folgendes in Erinnerung rufen: Im Jahre 1970 gab es ein Budgetdefizit von 2,2 Milliarden Schilling und eine Staatsschuld von 49 Milliarden Schilling. Heute hat Andreas Khol gesagt, die Staatsschuld sinke. Du hast leider nicht dazugesagt, daß sie in Prozenten zum Bruttoinlandsprodukt sinkt, aber in absoluten Zahlen steigt sie unablässig. (Abg. Dr. Nowotny: Auch das Bruttoinlandsprodukt steigt!) Man müßte ja das Budgetdefizit in einen Überschuß umwandeln, und davon ist man aber noch 70 Milliarden


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