Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 115. Sitzung / Seite 135

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18.09

Abgeordnete Anna Elisabeth Aumayr (Freiheitliche): Herr Minister! Herr Präsident! Herr Kollege Stummvoll! Die Chance für Österreich durch die Öffnung der Oststaaten ist Wirklichkeit, das ist überhaupt keine Frage. Unsere Exporte in diese sogenannten Reformstaaten sind massiv gestiegen. Nur frage ich Sie jetzt: Warum wollen Sie unter den derzeitigen Bedingungen unbedingt, daß diese Länder in die EU kommen, wenn die österreichische Wirtschaft ohnedies so profitiert? (Abg. Dr. Stummvoll: Sie haben nicht aufgepaßt!)

Herr Kollege Stummvoll! Es gibt dafür überhaupt kein Argument. Lassen Sie mich das erklären! Es gibt kein Argument für die Ostöffnung zum jetzigen Zeitpunkt, denn die EU hat mit diesen Staaten multi- und bilaterale Verträge. Das ist eine Tatsache. Ein Grund dafür ist ja auch, daß die gesamte Textilindustrie, Schwerindustrie und auch die Lebensmittelindustrie bereits in diese Staaten abgewandert ist. Glauben Sie wirklich, die hätten dort investiert, wenn sie dann nicht in die EU exportieren könnten? (Abg. Dr. Stummvoll: Sie sollen ja auch unsere Umweltstandards erhalten!) Das ist ja unmöglich! Und wenn Ihnen die Argumente ausgehen, dann kommen Sie wieder mit dem Frieden. Da bleibt Ihnen nichts anderes übrig. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Zur Grenzlandförderung: Herr Kollege Stummvoll, die Kommissarin Wulf-Mathies hat Ihnen doch bereits ausrichten lassen, was sie von der österreichischen Forderung nach Grenzlandförderung hält. Sie hat gesagt: Nichts wird es geben, denn Österreich wird mittel- und langfristig Vorteile von der Ostöffnung haben. Das hat Ihnen Brüssel bereits ausrichten lassen. Reden Sie also hier nicht von einer Grenzlandförderung! Sie wissen bereits, daß es diese nicht geben wird.

Dann kommen Sie mit dem nächsten Argument: der Schweiz. Kollege Auer hat das gleiche gesagt: Es ist fürchterlich in der Schweiz. In der Schweiz bedauert man zutiefst, daß man nicht in der EU ist. – Ich kann Ihnen nur sagen, Herr Kollege Stummvoll, meine Tochter ist zurzeit in der Schweiz in Ausbildung. Sie geniert sich wirklich für das Verhalten der Österreicher, für die Werbespots im Fernsehen, die ja auch in der Schweiz zu sehen sind (Abg. Dr. Stummvoll: Wir genieren uns nicht für Österreich!) und in denen Ministerin Gehrer sagt: Ich als Vorarlbergerin mit der Nähe zur Schweiz weiß ganz genau, wie es die Schweiz bedauert, daß sie nicht in der EU ist. – Die lachen nur noch über Österreich! Das kann ich Ihnen sagen! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Steibl: Dann wandern Sie doch aus!)

APA-Meldung vom 7. April, Herr Kollege Stummvoll: Schweizer Handelsvolumen mit Deutschland klettert auf Rekordniveau. Standort Schweiz in der Gunst der deutschen Investoren. In den letzten Jahren haben 1 500 deutsche Unternehmen in der Schweiz investiert. – Die Schweizer Bauern haben das doppelte Einkommen der österreichischen Bauern. Und die Schweiz bestimmt selbst, wer unter welchen Bedingungen durch ihr Land durchfährt, Herr Kollege Stummvoll! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Steibl: Gehen Sie doch in die Schweiz und arbeiten Sie dort!)

Aber die Debatte zur Agenda 2000 wird ja wieder mißbraucht, und zwar von der ÖVP. Kollege Schwarzböck – er fehlt hier so wie Herr Kollege Auer, sie halten ihre Rede und verschwinden; Gott sei Dank bist du, Kollege Auer, noch da (Abg. Steibl: Was heißt da "verschwinden"? Schön sprechen!)  – fährt durch das ganze Land und bietet sich als Schutzpatron an: Wir, die ÖVP, schützen euch vor der Auswirkung der Agenda 2000. Wir werden die Agenda 2000 verhindern.

Vor dem EU-Beitritt sind Sie genauso durch die Lande gezogen und haben den Bauern Dinge versprochen, haben ihnen Hoffnungen gemacht – und alle Ihre Versprechen haben Sie gebrochen. Kein einziges Versprechen haben Sie gehalten! Ich erinnere Sie an den Europavertrag. Ich erinnere Sie an die Regelung mit der Mehrwertsteuer. Was ist daraus geworden? – Jährlich nehmen Sie den Bauern 1,7 Milliarden Schilling einfach weg, obwohl sie ihnen vertraglich zugesichert worden sind, Herr Kollege Schwarzenberger, obwohl Sie das unterschrieben haben. Das ist Vertragsbruch! Das ist die Schwäche eines Ministers.

Herr Minister! Sie setzen sich ja nicht einmal in Österreich gegen Ihren Koalitionspartner durch. Vor jedem SPÖ-Finanzminister gehen Sie ganz einfach in die Knie, verraten und brechen Verträge. Wie wollen Sie uns denn erklären, daß Sie sich in Brüssel durchsetzen werden, wenn Sie


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