Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 116. Sitzung / 182

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Öllinger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. - Bitte.

20.30

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Herren! Ich gratuliere Ihnen. (Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Sie sind auch nicht im Ausschuß gewesen!) Es ist Ihnen gelungen, das, was die Frauen mit einem Frauen-Volksbegehren zu erreichen versucht haben, erfolgreich abzuwehren. Es ist Ihnen wirklich sehr gut gelungen.

Nachdem Sie, meine Herren, im Zuge der Sparpakete durchgesetzt haben, daß die Frauen in ihren Möglichkeiten und Rechten eindeutig beschnitten worden sind - ich erwähne nur die Karenzgeldregelung, Herr Abgeordneter Hums, und die Karenzzeitregelung -, und nachdem es Ihnen gelungen ist, die Verfügbarkeit von Frauen als ein Kriterium einzuführen, mit dem sie aus dem Arbeitsmarkt hinausgedrängt werden können, können Sie sich nun wundern. Ich zitiere den "Standard" von voriger Woche - oder war es diese Woche? -, in dem es ungefähr hieß: Ja hoppla, die Frauen ... (Das Mikrophon beim Rednerpult funktioniert für kurze Zeit nicht. - Abg. Dr. Fuhrmann: So schlecht ist die Rede nicht! Man gebe ihm Strom!)

Sie waren überrascht, die Zeitungen waren überrascht und die Politik war es offensichtlich auch, daß die Frauen nach dem vorzeitigen Ende der Karenzzeit auf den Arbeitsmarkt zurück wollen. Das hätten Sie wohl nicht gedacht! Immerhin haben Sie eine Lücke von mindestens einem Jahr eingebaut - denn die Sondernotstandshilfe ist auch weitgehend eingeschränkt worden, sie läuft im Minimum ein halbes Jahr, maximal eineinhalb Jahre -, die bewirken soll, daß die Frauen nicht wieder auf den Arbeitsmarkt zurückkehren.

Wenn sie dann noch immer nicht verstanden haben, sondern zurückkehren wollen, kann man ihnen - siehe Urteil des Verwaltungsgerichtshofes, siehe entsprechende gesetzliche Verfügbarkeitsbestimmungen - sagen: Moment, liebe Frau! Du hast Kinderbetreuungspflichten, die dich daran hindern, dich dem Arbeitsmarkt zur Verfügung zu stellen. Das heißt, wir müssen dich, liebe Frau, aus dem Arbeitsprozeß leider ausgliedern.

Auch wenn Herr Abgeordneter Kostelka von diesem Rednerpult aus bewegt davon spricht, daß ja auch Männer bei der Erziehung der Kinder eine Rolle spielen (Abg. Silhavy: Sollten!) - ja, sollten -, so kann ich nicht den Eindruck gewinnen, daß die Politik, die Gesetzgebung in den letzten Jahren Maßnahmen gesetzt hat, die den Männern diese Möglichkeit erleichtern. (Abg. Gatterer: Die geteilte Karenz!) Kollegin Gatterer, die Frauen kommen dann eh noch dran. - Es gibt keinen eigenständigen Karenzanspruch, ob bezahlt oder unbezahlt, für die Männer. Das muß viele Männer daran hindern, ihre Möglichkeiten in bezug auf die Kindererziehung, die Betreuung und Begleitung von Kindern auszuüben. (Abg. Dr. Fekter: Das ist aber scheinheilig!)

Frau Kollegin Fekter! (Abg. Dr. Fekter: Wieviel Prozent machen es denn?) Es geht um einen Rechtsanspruch! (Abg. Dr. Fekter: Sie tun es trotzdem nicht!) Ich komme deswegen darauf, weil Abgeordneter Kostelka gerade vorhin sehr bewegt eingefordert hat, daß auch den Männern dieser Anspruch sichergestellt werden sollte.

Kollegin Fekter! Es geht dabei nicht um die Bezahlung - das sei ausdrücklich festgehalten -, sondern um etwas, was auch die EU in der Richtlinie zum Erziehungsurlaub von uns schon längst fordert. Sie haben vielleicht geschlafen, aber das müssen wir machen. Entweder haben Sie das nicht richtig verstanden oder die entsprechenden EU-Richtlinien nicht richtig studiert, aber wir müssen das machen.

Wir müssen diesen Anspruch auch den Männern einräumen, auch wenn die Richtlinie nichts darüber aussagt, ob das bezahlt oder unbezahlt sein soll. Ich halte es aber für richtig, einen eigenständigen Anspruch als eine Voraussetzung dafür zu gewährleisten, daß Beruf und Familie vereinbar sein soll.

Meine Herren! Wenn Ihnen tatsächlich so sehr daran gelegen ist, daß Beruf und Familie nicht nur für Frauen, sondern auch für Männer vereinbar sein sollen, hätten Sie in dieser Richtung


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