Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 120. Sitzung / Seite 30

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Herr Kollege Wabl! Ich möchte noch etwas zu dem, was Sie über Indien gesagt haben, klarstellen. Zwar verstehe ich, was Sie gemeint haben, wir stehen aber vor einem Problem: Wenn wir auf der einen Seite von den atomwaffentragenden Staaten mit Recht verlangen, daß es eine atomare Abrüstung geben soll – und diese hat es in den letzten Jahren auch tatsächlich gegeben –, dann können wir auf der anderen Seite nicht neuen Staaten zugestehen, daß sie konsenslos Atomwaffen testen und Atomwaffen aufstellen, denn sonst ist der Abrüstungsprozeß Makulatur. (Abg. Wabl: Das ist keine Frage!) Ich glaube, wir sind uns in dieser Frage einig.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Abkommen, das wir heute beschließen werden, ist meiner Ansicht nach eine konstruktive Fortsetzung des sicherheitspolitischen Weges Österreichs auf Basis unserer gegebenen verfassungsmäßigen Grundlage. Es werden mit diesem Abkommen nicht irgendwelche Apokalypsen kommen, weder werden gleich alle Seilbahnen in Österreich abstürzen, noch wird sofort überall die Todesstrafe verhängt werden, oder welche Schreckensszenarien noch präsentiert wurden. (Abg. Scheibner: Um das geht es ja nicht!) Es ist ein weiterer Schritt der Einordnung Österreichs in ein internationales Krisenmanagement, und das halte ich für richtig. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Scheibner: Dann nehmen wir nur die Pflichten, aber nicht die Rechte!)

10.35

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Mock. Ich erteile ihm das Wort.

10.35

Abgeordneter Dr. Alois Mock (ÖVP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei der Abhandlung von Details, die oft die Qualität eines Abkommens oder eines politischen Aktes bestimmen, sieht man das Echo der Grundhaltung. Der eine ist eben für mehr Sicherheit durch mehr Solidarität im Bereich der Absicherungen der eigenen Unabhängigkeit durch militärische Hilfe – etwas, was etwa die NATO oder die EU grundsätzlich anpeilen –, der andere ist dagegen und hat Vorbehalte. Daher bin ich der Auffassung, daß wir nicht schwarzweißmalen sollen.

Man muß die Dinge klar sehen. Man möge bedenken, was wir in den letzten Jahren unterschrieben und erklärt haben, begonnen bei dem Zitat, das ich gestern gebracht habe, nämlich dem von der immer enger werdenden europäischen Zusammenarbeit in allen Bereichen – dazu gehören auch die Sicherheit und die gemeinsame Außenpolitik. Wenn es heißt – und das haben wir ebenfalls unterschrieben –, daß die Westeuropäische Union einen Teil der Entwicklung der Europäischen Union darstellt, also ein militärischen Aspekt, wenn es weiter heißt, daß die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik zu einer gemeinsamen Verteidigungspolitik führen soll und sogar zu einer gemeinsamen Verteidigung führen könnte, dann liegt klar auf der Hand, daß man anpeilt, unsere Interessen sowie unsere Unabhängigkeit und Freiheit gemeinsam in Solidarität zu verteidigen.

Wenn so viel von der für ein neues Europa notwendigen Solidarität gesprochen wird, dann sollten wir aber die Solidarität auch dort praktizieren, wo sie am wichtigsten ist, dort, wo der größte Wert liegt, nämlich bei der Unabhängigkeit eines Landes sowie der Selbständigkeit und Freiheit seiner Bürger. Denn bei all diesen Fragen – so wichtig sie im Detail auch sind – geht es vor allem um die Sicherheit unseres Landes und die Freiheit seiner Bürger. Das ist das zentrale Ziel! (Beifall bei der ÖVP.)

Völkerrecht, Neutralität, Art des Bundesheeres und vieles andere sind wichtige Fragen, sie haben sich aber dem unterzuordnen. Sie sind nur Instrumente der Sicherung der Freiheit unseres Landes und seiner Bürger.

Dabei gibt es auch Veränderungen. Zur Frage der Neutralität ist zu sagen, daß Spezialisten in den Jahren 1946 und 1945 erklärt haben, daß ein neutraler Staat nicht einmal Mitglied der Vereinten Nationen werden kann. Diese Diskussion wurde eine Zeitlang geführt, als Schweden Mitglied der Vereinten Nationen werden wollte. Die Frage, ob das überhaupt möglich sei, wurde dann bejaht, die Mitgliedschaft voll akzeptiert. Das Problem, wie man bei einem kollektiven Sicherheitsakt der Vereinten Nationen die Vorwirkungen der Neutralität respektieren könnte, wurde weggelassen. Die kollektive Sicherheit bekam Vorrang.


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