Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 133. Sitzung / Seite 45

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Wenn wir an eine Europäische Union glauben, die diesen Namen wirklich verdient, dann sind wir auch aufgerufen, die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der Union im Geist europäischer Solidarität aktiv weiterzuentwickeln, bis hin zu jenen Perspektiven einer gemeinsamen Verteidigung, die im Vertrag von Amsterdam ausdrücklich angesprochen sind und von Österreich geteilt werden. Das ist nur der erste Schritt, aber für unsere Glaubwürdigkeit als den Vorsitz führendes Land der Union war es meiner Überzeugung nach sehr wichtig – und dafür möchte ich mich wirklich bedanken –, daß wir die in diesem Vertragswerk enthaltenen sicherheitspolitischen Neuentwicklungen schon vor der Übernahme des Vorsitzes vorbehaltlos mit, glaube ich, über 70prozentiger Zustimmung des Hohen Hauses mitgetragen haben. Ich möchte dem Hohen Haus für die Bereitschaft, schon vor dem 1. Juli den Vertrag von Amsterdam zu genehmigen und die notwendigen verfassungsrechtlichen Begleitmaßnahmen zu beschließen, ausdrücklich danken.

Ich möchte betonen, daß dem europapolitischen Dialog der kommenden sechs Monate mit dem Hohen Haus, dem Europäischen Parlament, aber auch dem österreichischen National- und Bundesrat eine ganz zentrale Rolle zukommt. Wie wir mit den Herausforderungen der Präsidentschaft fertig werden, kann für den Stellenwert, den unser Land in der Union und bei den Nachbarn in Mittel- und Osteuropa genießt, auf lange Sicht sehr entscheidend sein. Mit gutem Grund bekommt das Parlament daher eine möglichst umfassende Information über unsere Arbeit im Vorsitz. Gleichzeitig sollte uns aber auch bewußt sein, daß es sich um eine Aufgabenstellung von überragender nationaler Bedeutung handelt, deren Erfolg allen Österreicherinnen und Österreichern ganz unabhängig von der jeweiligen Parteizugehörigkeit am Herzen liegen sollte.

Betrachten wir daher diese erste EU-Präsidentschaft eines neuen Mitgliedslandes, die erste Präsidentschaft Österreichs als gemeinsames österreichisches Anliegen, für das wir uns in unserem jeweiligen Wirkungsbereich und im Rahmen der internationalen Kontakte auf allen Seiten dieses Hauses einsetzen wollen. Ich bin für meinen Teil zu einer solchen Kooperation gerne bereit. (Anhaltender Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

12.53

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich danke dem Herrn Vizekanzler für die Erklärung.

Wir gehen jetzt in die Debatte darüber ein, die gemeinsam mit der Debatte zum Tagesordnungspunkt 2 abgeführt wird.

Erster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Haider. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

12.54

Abgeordneter Dr. Jörg Haider (Freiheitliche): Frau Staatssekretärin! Herr Vizekanzler! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Österreich hat den Vorsitz in der EU übernommen. Der Herr Vizekanzler hat in seiner Funktion als EU-Ratsvorsitzender gesprochen, und wir wünschen ihm auch aus der Sicht der freiheitlichen Opposition für die Aufgabe, die ihm zugeteilt wurde, viel Erfolg. Wir merken aber an, daß die Freiheitlichen selbstverständlich erwarten, daß ein Außenminister und Vizekanzler, der vor dem österreichischen Parlament spricht, auch zu den österreichischen Positionen und zu den österreichischen Interessen klar Stellung bezieht und uns hier nicht nur sozusagen ein aufgewärmtes Programm seiner Arbeit innerhalb der Europäischen Union vorlegt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es muß deutlich gemacht werden, daß die Interessen Österreichs mit dem EU-Vorsitz zu verbinden sind. Denn wenn Sie schon davon sprechen, daß Sie ein gemeinsames Haus Europa bauen wollen, in dem sich alle wohlfühlen sollen, vor allem auch die osteuropäischen Nachbarländer – das mag ein schönes Bild sein, das Helmut Kohl auch gerne gebraucht; so originell ist es ja nicht –, dann sollten sich auch die Österreicher darin wohlfühlen. (Abg. Dr. Maitz: Das ist ja selbstverständlich!) Das, was Sie hier ausgeführt haben, geht aber eher in Richtung eines Delogierungsbescheides für die Österreicher, wenn das passiert, daß man heute eine entsprechende ... (Widerspruch bei der ÖVP.) Es ist ein Delogierungsbescheid, wenn gesagt wird, die Arbeitslosigkeit sei kein Problem! (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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