Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 133. Sitzung / Seite 123

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Nichts davon haben wir in dieser sehr langen Erklärung gehört – sie war, glaube ich, fast eine Dreiviertelstunde lang –, keinen einzigen Satz. Wann wollen Sie denn diese substantielle Erweiterung erreichen? Ich frage Sie, Frau Staatssekretärin: Wann?

Nichts haben wir darüber gehört, wie Sie, wenn die Grenzen einmal offen sind, die österreichischen Grenzregionen gegen das dann hereinbrechende Sozial- und Lohndumping schützen wollen – keinen einzigen Satz! Und keinen einzigen Satz, Frau Staatssekretärin, haben wir auch über die Kostenvorstellung gehört, was denn das kosten wird. Nein, ich korrigiere mich: Wir haben einen Satz gehört: Gratis wird es nicht sein!, hat der Herr Außenminister gesagt. (Abg. Mag. Stadler: Ja, das war gut!)

Da stimme ich ihm zu: Genauso wenig wie unser Beitritt zur EU gratis war, genauso wenig wie für uns als Hartwährungsland die Einführung des Euro gratis sein wird, genauso wenig wird für uns als Nettozahler auch die Osterweiterung gratis sein. Und in welche Richtung es gehen wird, haben wir heute schon gehört und gelesen: Die Bauern werden weniger kriegen, und die Nettozahlungen der Österreicherinnen und Österreicher werden sich erhöhen. Ich frage Sie also: Welche Kostenvorstellungen, welcher Kostenrahmen existiert bei Ihrem Projekt? (Beifall bei den Freiheitlichen.)

18.10

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Inge Jäger. – Bitte, Frau Abgeordnete.

18.10

Abgeordnete Inge Jäger (SPÖ): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich knüpfe an die Diskussion der EU-Osterweiterung an und möchte dazu drei Punkte festhalten.

Erstens: Ohne Zweifel ist die EU-Osterweiterung eine der größten Herausforderungen für Europa. Ich wünsche mir, daß es in diesem Zusammenhang auch zu klaren Sprachregelungen kommt. Es kann nicht so sein, daß auf europäischer Ebene von einer sehr raschen Aufnahme dieser beitrittswerbenden Länder gesprochen wird und es andererseits im Dialog mit der Bevölkerung heißt, daß es sehr lange Fristen und sehr lange Übergangszeiten geben muß. Meiner Meinung nach sind diese Übergangszeiten notwendig, und es ist auch notwendig, daß erst bestimmte Bedingungen geklärt und Reformen durchgeführt werden – sowohl auf europäischer Ebene als auch in den Ländern Osteuropas. Nur dann wird es möglich sein, daß diese Länder beitreten.

Punkt 2: Ich halte es nicht für zielführend, daß gerade jetzt, wo man mit diesen Ländern in Kontakt tritt und sie zum Beitritt einlädt, die Länder, die Nettozahler sind, anfangen, darüber zu diskutieren, daß sie weniger in die EU einzahlen möchten. Ohne Zweifel wird die EU-Osterweiterung sehr viel Geld kosten, und ich denke, das müssen wir den Bürgern auch sagen, denn letztendlich werden wir alle davon profitieren. Allein die Angleichung der Umweltstandards aller Kandidatenländer an EU-Niveau würde mindestens 200 bis 240 Milliarden D-Mark kosten, wie eine EU-Studie aussagt. Alle Beitrittskandidaten sind Ziel-1-Gebiete mit einem Bruttosozialprodukt unter 75 Prozent des EU-Durchschnitts. Wir müssen uns also damit auseinandersetzen, daß die Osterweiterung sehr viel Geld kosten wird und daß dieses Geld auch aufgebracht werden muß.

Nun zum dritten Punkt. Um das Projekt Europa nicht zu gefährden, muß mit Bedacht vorgegangen werden. Es wird von Spanien, Frankreich, den Niederlanden, Portugal Kritik geübt – alles Länder, die Angst haben, daß sie mit dem Beitritt dieser Länder selbst auf Förderungen verzichten müssen. Ich denke, daß diese Osterweiterung so wichtig ist für die Zukunft Europas, daß eben mit Bedacht klare Zielvorgaben festgelegt werden müssen. Vielleicht nehmen die europäischen Bürger die Osteuropaöffnung eher hin, wenn es gelingt, daß es in den nächsten Jahren tatsächlich zu einem Abbau der Arbeitslosigkeit im Westen kommt, wenn damit verbunden ist, daß es zu keinen weiteren Sparpaketen kommt, sondern im Zuge einer Steuerharmonisierung jene, die tatsächlich von dieser Ostöffnung profitieren – nämlich die Wirtschaft –, auch ihren Beitrag dazu leisten müssen, zum Beispiel mit einer Kapitalertragssteuererhöhung und auch mit einer Erhöhung der Steuern auf Vermögen.


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