Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 133. Sitzung / Seite 186

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22.28

Abgeordneter Mag. Johann Ewald Stadler (Freiheitliche): Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Bundesminister! (Abg. Dr. Fekter spricht, an der Ministerbank stehend, mit Bundesminister Dr. Bartenstein. ) Wenn Sie dann vielleicht die Gnade haben, Ihre Konferenz zu beenden. – (Abg. Dr. Fekter: Oh, ich bin gnädig zu Ihnen!) Sie brauchen gar nicht gnädig zu sein. Sie brauchen nur die Abmachungen aus der Präsidialkonferenz einzuhalten, Frau Kollegin! Das genügt schon.

Meine Damen und Herren! (Abg. Dr. Niederwieser: Oberlehrer!) Nein, das ist nicht der Oberlehrer, das ist hier einfach die Sitte, Herr Niederwieser. Herr Lehrer Niederwieser! Das ist das, was wir in der Präsidialkonferenz ausgemacht haben. (Abg. Müller: In der Präsidialkonferenz ist auch eine Mäßigung in der Wortwahl angeregt worden!)

Herr Bundesminister! Ich nehme es gleich vorweg: Wir werden Ihre Regierungsvorlage ablehnen, entgegen unserem Abstimmungsverhalten im Ausschuß, und zwar deshalb, weil uns dieses Gesetz nicht weit genug geht. Wir sind nach strenger Prüfung mit der Regierungsvorlage nicht einverstanden.

Worauf ich mich eigentlich konzentrieren möchte, ist die an sich schon nahezu lächerliche Ankündigung, die der Ausschuß als Ausschußfeststellung beschlossen hat. Man muß sich das auf der Zunge zergehen lassen, denn das ist eine neue Qualität des Parlamentarismus. Die Ausschußfeststellung lautet wie folgt – ich darf zitieren –: "Der Familienausschuß stellt fest: Dem Familienausschuß wird von Herrn Bundesminister Dr. Martin Bartenstein zugesichert, daß, sollten im Rahmen der Tätigkeit der Bundesstelle für Sektenfragen Gefährdungen im Sinne des § 4 dieses Gesetzes innerhalb der gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften und ihrer Einrichtungen bekannt werden, die leitenden kirchlichen Organe der gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften und ihrer Einrichtungen hierüber in Kenntnis gesetzt werden." – Dann geht der Text weiter.

Meine Damen und Herren! Der Bundesminister verspricht etwas, und der Familienausschuß stellt in einer Ausschußfeststellung fest, daß der Bundesminister etwas versprochen hat. Das ist eine neue Qualität, das ist etwas völlig Neues. – Bitte? (Bundesminister Dr. Bartenstein: Weil Sie nicht dort waren!)

Sie können überall Versprechungen tätigen. Wenn Sie bei uns eine Versprechung tätigen, würde sie sogar noch Teil eines Haftungsvertrages werden. (Heiterkeit bei der SPÖ. – Beifall bei den Freiheitlichen.) Aber daß der Ausschuß mittlerweile Ausschußfeststellungen treffen muß, meine Damen und Herren, nur weil der Minister mit seinen Ankündigungen nicht glaubwürdig genug ist, das ist eine neue Qualität des Parlamentarismus.

Meine Damen und Herren! Es gibt etwas, was der Herr Bundesminister bei seinem Versprechen vor dem Ausschuß hätte bedenken sollen. – Ich weiß nicht, Herr Bundesminister: Sind Sie selbst Jurist? (Bundesminister Dr. Bartenstein: Nein, Chemiker!) Sie sind kein Jurist, Sie sind Chemiker. Gut, dann sehe ich Ihnen das nach.

Aber Sie werden doch ein paar Juristen mit dabei gehabt haben. Herr Bundesminister! Ist Ihnen oder Ihren Beamten vielleicht aufgefallen – wenn sich juristisch ausgebildete Beamte darunter befunden haben –, daß das, was Sie da versprochen haben, streng und schwerwiegend verfassungswidrig ist? – Das ist der Grund dafür, daß ich das heute sagen möchte.

Herr Kollege Khol! Es ist verfassungswidrig, weil nach Artikel 15 unseres Staatsgrundgesetzes aus 1867 der Staat kein Aufsichtsrecht über die gesetzlich anerkannten Religionsgemeinschaften hat. Er hat weder ein Aufsichtsrecht, noch ein Kontrollrecht, noch hat er die Möglichkeit einer Bevormundung, meine Damen und Herren!

Herr Minister! Sie haben gar kein Recht dazu, daß Sie das einhalten, was Sie dem Ausschuß in Form einer Ausschußfeststellung versprochen haben. Lesen Sie das in Artikel 15 Staatsgrundgesetz aus 1867 nach. – Es sei denn, Sie wollen sich schon über die Grundrechte hinweg


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