Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 133. Sitzung / Seite 188

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22.34

Abgeordnete Dr. Sonja Moser-Starrach (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! 50 000 Menschen in Österreich gelten als harter Kern von Sekten, und 200 000 Menschen in Österreich sind Sympathisanten von Sekten. Das ist Anlaß genug, um eine Sektenstelle zu installieren.

Wir haben nunmehr einen Schwerpunkt in jedem Bundesland. Dazu sollte aber auch eine Bundesstelle kommen. Sekten und destruktive Kulte nehmen immer mehr zu, sie sprechen besonders Jugendliche und belastete Menschen an. Immer mehr Tarnorganisationen von Sekten und Psychokulten bieten Seminare und Fortbildungsveranstaltungen an, besonders Seminare zur Verbesserung der Lebensqualität. 10 Milliarden Schilling werden jährlich dadurch erwirtschaftet.

Einmal mehr warne ich auch aus gesellschaftspolitischer Sicht vor den Sektenmitgliedern der zweiten Generation, also jenen Menschen, die in diesen geschlossenen Regelsystemen aufgewachsen sind und nichts anderes mehr kennen. (Abg. Mag. Stadler: Herr Feurstein! Ich werde Ihnen etwas über das Opus Dei schicken!)

Der Familienausschuß des Nationalrates hat am 23. Juni 1998 die Einrichtung einer Bundesstelle für Sektenfragen beschlossen. Die Stelle soll als selbständige Anstalt des öffentlichen Rechts vor allem Aufklärungsarbeit über Sekten und sektenähnliche Aktivitäten leisten. Ziel ist eine sachliche und objektive Information der Bevölkerung über die Gefahren, die von Sekten ausgehen könnten.

Diese Bundes-Sektenstelle wird ihren Sitz in Wien haben. Sie soll sowohl staatlich als auch konfessionell unabhängig sein. Das Gesetz sieht weder ein Weisungsrecht des Familienministers noch irgendeines anderen Regierungsmitgliedes vor. Wohl aber soll die Bundesstelle als Vernetzungsknoten zwischen bestehenden Informationsstellen der Länder oder anerkannten Kirchen fungieren.

Hauptaufgabe der neuen Einrichtung ist es jedenfalls, Gefährdungen zu dokumentieren, die von sogenannten Sekten und pseudoreligiösen Gruppen ausgehen, und darüber entsprechend zu informieren. Betroffene sollen bei den Experten Beratung finden können. Zu den Hauptaufgaben zählen außerdem die Zusammenarbeit und der Informationsaustausch mit ausländischen Stellen. (Beifall bei der ÖVP.)

22.37

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist weiters Frau Abgeordnete Motter. – Bitte, Frau Abgeordnete.

22.37

Abgeordnete Klara Motter (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Stadler! Ich gehe ausnahmsweise mit Ihrer Kritik konform.

Ich möchte Sie aber darüber aufklären, daß Ihre Abgeordneten im Ausschuß bis auf zwei Ausnahmen dieser Ausschußfeststellung auch ihre Zustimmung gegeben haben. (Abg. Mag. Stadler: Weiß ich schon! Das haben wir eingehend diskutiert!) Ja, aber das soll auch festgehalten werden. Das hat mich auch sehr gewundert. (Abg. Haigermoser: Wo ist das Problem? Wo sehen Sie das Problem? – Abg. Dr. Mertel: Weil dort keine Juristen waren! – Abg. Mag. Stadler: Haben Sie dagegen gestimmt?)

Meine Damen und Herren! Angesichts der aktuellen Aufregung über Sekten und der heftig diskutierten Frage ihrer Zulässigkeit kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, daß die großen Religionsgemeinschaften den Staat um Hilfe anrufen. Wir Liberalen anerkennen das soziale, pädagogische und erwachsenenbildnerische Engagement der Kirchen sowie ihren Beitrag zur kulturellen Entwicklung einer Gesellschaft. Kann es aber tatsächlich Aufgabe des Staates sein, zu definieren, welcher Gottesbegriff anerkennenswert ist und welcher nicht?


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