Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 141. Sitzung / 49

und 1998. Es hat sich schon zu Jahreswechsel ganz deutlich abgezeichnet, daß Mečiar in der Slowakei nicht von seinem Vorhaben abzubringen sein wird. Es wäre bereits zu diesem Zeitpunkt – ich betone: ganz konkret zu diesem Zeitpunkt – hoch an der Zeit gewesen, daß der Außenminister auf den Plan tritt. Wann hat Außenminister Schüssel EU-Kontakte anzubahnen begonnen, um gegen Mochovce Front zu machen? Wann war das? – Eine Anfragebeantwortung attestiert: Es war im April/Mai 1998. Das war bei weitem zu spät. Insofern ist hier der vierte Einbruch festzustellen – in Sachen Mochovce, in Sachen Dukovany – gegenüber dem Zenit der österreichischen Atompolitik im Juli 1997.

Lassen Sie mich jetzt kurz zu einem konkreten zweiten Bedrohungsszenario an der Grenze zu Österreich kommen: zu Temelin. In bezug darauf beginnt sich jetzt ein fünfter Einbruch abzuzeichnen. Frau Minister Prammer! Sie fahren jetzt – ich glaube, morgen oder übermorgen – zu Verhandlungen nach Prag. Ich ersuche Sie, die Verhandlungen engagiert im Hinblick auf Baustopp zu führen! Es kann nur in Richtung Baustopp und Ausstieg gehen. Sicherheitsdebatten eröffnen für Temelin womöglich wieder Notwendigkeiten dort, wo keine gegeben sind.

Es gibt – ich darf Ihnen dazu direkt aus den Medien zitieren – auch auf europäischer Ebene keinerlei Absicht, einen europäischen Sicherheitsstandard zu etablieren, sondern es gibt nur die Absicht, Kriterien festzulegen. Ich zitiere hier François Ruel, einen Atomexperten der Generaldirektion XI in Brüssel, der sagte:

"Es wird keine Richtlinie geben, in denen Mindeststandards für die Sicherheit von Atomkraftwerken fixiert sind; zumindest mittelfristig nicht. Denn die Mitgliedsstaaten wollen das nicht."

Bitte lassen Sie die Sicherheitsfrage gänzlich weg! Steuern Sie eindeutig nur den Kurs: Baustopp, Ausstieg und offensives Angebot von alternativen Energieszenarien! (Beifall bei den Grünen.)

Das ist die einzige Möglichkeit, wie wir das bereits vor sich hinsterbende AKW Temelin endgültig aus der atompolitischen Diskussion bringen können. Das ist die einzige Möglichkeit, wie wir einen Baustopp erzielen können, wofür die Chancen sehr günstig stehen. Die Kostenerhöhung war massiv, wirtschaftlich rechnet es sich nicht, mit den fehlenden Millionen kann man mindestens eineinhalb mal soviel Energie auf Gasdampfkraftwerks-Ebene bereitstellen wie durch Temelin selbst. Das sind sachliche Argumente, die auch von tschechischen Experten immer wieder auf den Tisch gelegt werden. Greifen Sie diese Argumente auf, und bringen Sie diese Argumente auch in Ihren Verhandlungen vor!

Temelin ist ein Kraftwerk von vorgestern, das irreparable Sicherheitsmängel hat. Was nützen Sicherheitsstandards, die Temelin nie erreichen kann? – Die Mängel sind so offensichtlich und so massiv, daß jegliche Sicherheitsdebatte völlig fehl am Platz ist. – Das soweit zu dem fünften Einbruch gegenüber der Situation im Juli 1997.

Jetzt bestehen aber gerade im Hinblick auf Temelin und auch im Hinblick auf Mochovce aufgrund der neuen Weichenstellungen in Deutschland, aufgrund des Wahlergebnisses vom 27. September, Möglichkeiten, mit der neuen deutschen Regierung, die einen anderen atompolitischen Kurs steuern wird, einen Schulterschluß zu machen. In diese Richtung müssen wir ganz offensiv vorstoßen. Es ist jetzt ein Gebot der Stunde, daß Bundeskanzler Klima sofort Gespräche aufnimmt, um reale Ausstiegsszenarien mit Deutschland zu entwickeln, damit dieser große EU-Staat, dieser große G-7-Staat im Hinblick auf die Osterweiterung mit uns an einem Strang zieht.

In diesem Zusammenhang möchte ich folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Freundinnen und Freunde betreffend europäische Atomausstiegskonzepte und Atomwaffenstationierungsverbot


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