Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 146. Sitzung / 192

21.04

Abgeordneter Wolfgang Jung (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Kollege Maitz hat bereits erklärt, was SHIRBRIG darstellt. Es ist eine an sich gute Sache. Die Frage ist eben wie immer die der Umsetzung. Hier hapert es leider, denn der gegenwärtige Verteidigungsminister neigt, wie auch sein Generaltruppeninspektor kürzlich festgestellt hat, dazu, sich und die Möglichkeiten des Bundesheeres zu überschätzen. Das ist auch leicht nachweisbar.

Wo machen wir überall mit? – Grenzsicherung: 2 000 Mann; österreichisches Kontingent in Zypern; Golan; zahlreichere kleinere UN-Einsätze – es sind, glaube ich, noch mehr als zehn –; SFOR in Bosnien und Herzegowina; demnächst einzelne Leute im Kosovo; FOREIGN; "PfP"; MINURSO – wenn es zustande kommt, obwohl wir ja schon seit einem Jahr darauf warten – und jetzt dann auch noch SHIRBRIG.

Meine Damen und Herren! Was sollen wir denn da noch alles machen? Wir haben ständig 3 000 Leute im Auslandseinsatz beziehungsweise an der Grenze. Das wäre auf die Bundeswehr umgerechnet so viel, als würden 30 000 Mann draußen stehen. Am Balkan haben die USA ungefähr 8 000 Mann im Einsatz. Wir übernehmen uns bei der ganzen Sache. Das ist das Problem.

Und übrigens, weil Kollege Maitz vorhin von der schnellen Eingreiftruppe gesprochen hat und davon, daß die Zeiten auf vier Wochen heruntergekürzt werden: In den vier Wochen wären alle Bosnier schon längst ausgerottet, wenn die Serben zuschlagen. Das ist ja das Problem bei all diesen Einsätzen, daß so organisierte Truppen nicht funktionieren können. Vier Wochen sind zu lang, und in der Praxis wird es noch länger dauern. Denn wenn Sie sich die Nachrichten anhören, dann hören Sie, daß die OSZE mit ihren Beobachtern im Frühjahr wirksam werden wird. (Abg. Mag. Kammerlander: Das ist blanker Unsinn!) Das ist doch lächerlich! Mit so etwas kann man einem Herrn Milošević nicht imponieren!

Aber wir tanzen auf jedem Kirtag und verkaufen das wenige, das wir haben, gleich mehrfach. Die Salzburger Stierwascher waren geradezu harmlos im Vergleich zu dem, was unser Verteidigungsminister mit dem Bundesheer betreibt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Zu Hause fehlt uns dann das Gerät, und wir müssen die Busse mieten – das wissen Sie genauso gut wie ich –, damit die Einheiten zum Schießen fahren können. Es fehlen aber auch die Leute, und wenn sich die Bataillonskommandanten trauen, sich negativ darüber zu äußern, dann werden sie zum Ministerrapport oder – noch mehr – zu seinem Diabolus im Kabinett, zu seinem Kabinettschef, befohlen und abgekanzelt. So schaut die Realität in unserem Bundesheer aus.

Der Herr Minister weiß genauso wie ich und wie viele hier – ich nehme an, Herr Kollege Maitz, Sie haben sich auch schon einmal informiert (Abg. Hans Helmut Moser: Das weiß ich nicht, ob Kollege Maitz sich schon umfassend informiert hat!) –, daß für diese sogenannten schnell abrufbaren Einheiten viel zuwenig Leute gemeldet sind und daß, wenn Sie die gemeldeten Leute anrufen, von zehn höchstens zwei übrigbleiben. Das ist eine Tristesse, aber sie entspricht der Realität!

Man wollte das einmal ändern; auch der Verteidigungsminister wollte das tun. Er wollte eine andere gesetzliche Lage, die vorsieht, daß sich zumindest neueintretende Kaderleute verpflichten müssen oder daß Leute, die eine Verpflichtung abgegeben haben, es sich dann nicht zwei Tage vorher oder noch am Flugplatz vor dem Abflug überlegen können. – Dazu ist es nicht gekommen. Hier hat sich der Herr Minister nicht durchgesetzt. Heute hat er am Schluß große Sprüche geklopft, aber gegenüber dem Koalitionspartner ist er so klein, daß er in der Praxis unterm Tisch durchgeht. Und unser Bundesheer leidet darunter, Herr Kollege Maitz! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Maitz: Ungeheuer "sachlich", Ihre Bemerkungen!) Das ist die Realität! Auch bei MINURSO haben Sie die gleichen Probleme. (Zwischenrufe der Abgeordneten Dr. Maitz und Schwarzenberger.)

Truppen hoher Bereitschaft für eine internationale Brigade sollten es sein, Herr Kollege Maitz. Wie wollen Sie denn das machen mit der hohen Bereitschaft, wenn die Leute sich am Flugplatz abmelden? Diese Verbände sollten aufeinander eingespielt sein, sie sollten sich kennen, sie


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