Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 158. Sitzung / Seite 74

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17.35

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Die Stimmung hier paßt sich dem Faschingsdienstag an. Der Hauptantragsteller beziehungsweise Erstantragsteller dieser Sondersitzung hat es offenbar vorgezogen, schon zu anderen Veranstaltungen zu eilen (Abg. Mag. Stadler: Er hat eine schwere Grippe! Er ist beim Arzt!)  – möglicherweise (Abg. Mag. Stadler: Er ist beim Arzt!)  –, und wenn Herr Abgeordneter Scheibner sich hier erklärt und sagt, daß sich freiheitliche Steuermodelle nicht auf wissenschaftliche Grundlagen stützen, dann ist das ein Punkt, den ich ihm durchaus abnehme. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Mag. Stadler: Das ist noch schwächer!)

Meine Damen und Herren! In der Sache selbst – und diese Kritik betrifft die Regierungsparteien – ist zu sagen: Wir haben in den letzten Tagen und Wochen in diesem Land leider eine politische Debatte zwischen den Regierungsparteien erleben müssen, die fast logischerweise und zwangsläufig in diese Sondersitzung münden mußte. Die beiden Regierungsparteien haben sich im Erheben von Forderungen, von denen sie wissen, daß sie nicht mehr in dieser Legislaturperiode und wahrscheinlich auch nicht später je realisiert werden können, überboten. Von seiten der ÖVP hat es getönt: Forderungen: Oma-Karenz, Mama-Pension, Babypause. Die SPÖ ihrerseits hat wiederum gekontert, indem Sie vor allem Aufträge in die Werbewirtschaft gepumpt hat, und da wurde alles aufgeboten, was Rang und Namen hat, von James Bond über Arnold Schwarzenegger, und jetzt müssen, so wie in Kärnten, mittlerweile auch herzige kleine Kinder herhalten, um die mangelnden Sachleistungen des Frauenressorts zu kaschieren. Es gibt Telefonnummern für oder gegen irgend etwas, die beworben werden.

Es gibt einzig und allein keine sachpolitischen Fortschritte. In keinem einzigen Punkt gibt es sachpolitische Fortschritte!

Herr Staatssekretär, Sie wissen es: Es gab mehrere große Volksbegehren in dieser Legislaturperiode. 11 Forderungen gab es von seiten der Frauen. Es gab ein Tierschutz-Volksbegehren und auch ein Gentechnik-Volksbegehren. – Nichts von all den dabei erhobenen Forderungen ist verwirklicht worden!

In Sachen Karenz sind die Unterschiede bei den Vorstellungen so groß wie nie zuvor. Es wird da ein ideologisches Geplänkel ausgetragen. Mit dem Geld der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler sollen Maßnahmen finanziert werden, ohne daß dabei irgendeine realpolitische Verbesserung erzielt würde.

Es ist auch nicht verwunderlich, daß zurzeit eine Mieten- und Wohnrechtsdebatte stattfindet, die auch nur mehr ein Lizitieren nach unten ist. Da beginnt irgend jemand zu sagen: Es müssen minus 10 Prozent sein! Dann kommt die Forderung: Es müssen minus 20 Prozent sein! Dann heißt der Vorschlag: Es sollen minus 30 Prozent sein! Und wenn dieser Wahlkampf noch eine Weile so weitergeht, dann werden wir schon bald die Forderung zu hören bekommen, daß man den Mieterinnen und Mietern Geld dafür anbieten soll, daß sie ihre Wohnungen benutzen sollen, dürfen oder können. Das ist wirklich eine unehrliche Politik, die geradewegs in Sondersitzungen vom heutigen Typus mündet! Und durch solches ideologisches Vorwahlgeplänkel der Regierungsparteien wird das Niveau dieser Diskussion geprägt. (Beifall bei den Grünen.)

Freilich hat es die FPÖ geschafft – ich betone: freilich, denn es war zu erwarten, daß diesem Geplänkel der nicht realisierbaren politischen Forderungen noch etwas aufgesetzt wird –, die Forderung zu erheben, man möge doch den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern, den anständigen und fleißigen und tüchtigen Bürgerinnen und Bürgern nicht so viel Geld aus der Tasche ziehen. Aber gerade Sie führen diese Debatte zu einem Zeitpunkt, zu dem offenbar einige von Ihnen so derart aus dem Vollen geschöpft haben, daß das wirklich nur schwer mit Worten zu beschreiben ist.

Auf Plakaten bangen Sie um die Zukunft der armen, herzigen, kleinen Kinder und der Mütter, denen es so schlecht geht, aber bei anderen scheinen Sie mit Ihrer Zurückhaltung, was das Ausgeben der öffentlichen Gelder betrifft, nicht so bescheiden zu sein.


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