Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 159. Sitzung / 27

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Rainer Wimmer. Gleiche Redezeit. – Bitte.

10.33

Abgeordneter Rainer Wimmer (SPÖ): Herr Bundesminister! Herr Präsident! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Diese Woche ist sehr bedeutend und wichtig für die österreichische Landwirtschaft. Zunächst einmal gab es die Großdemonstration in Brüssel, bei der gegen die Kommissionsvorschläge vehement aufgetreten, vehement demonstriert wurde. Wir haben ja in den Medien diese Demonstration miterleben dürfen. Weiters findet heute die Aktuelle Stunde der Freiheitlichen statt, bei der – davon können wir ausgehen – kein einziges gutes Haar an der österreichischen Landwirtschaftspolitik gelassen wird, und letztlich finden in Brüssel zurzeit auch die Verhandlungen zur Agenda 2000 statt.

Was die Demonstration in Brüssel betrifft, meine sehr geschätzten Damen und Herren, so ist mir aufgefallen – ich habe die Berichte in den Medien verfolgt –, daß Kommissär Fischler nicht gerade enorm beeindruckt war, als er etwa meinte, er werde sich ganz sicher nicht dem Druck der Straße beugen. Er hatte auch recht, als er sagte, es sei nicht mehr finanzierbar, für Interventionslager zu produzieren und nicht für den Markt. Das waren sehr deutliche Worte, die er diesbezüglich gefunden hat, und er hat es eigentlich auf den Punkt gebracht.

Die Neugestaltung der Agrar- und Regionalpolitik ist zurzeit das wesentlichste Thema in der Europäischen Kommission. Im wesentlichen geht es um eine Fortführung der Reform des Jahres 1992. Das heißt, es geht in erster Linie um die Senkung der Interventionspreise, die im Gegenzug durch Direktzahlungen kompensiert und ausgeglichen werden sollen. Das heißt gleichzeitig aber auch, daß es bei der zukünftigen Finanzierung der Agrarförderungen zu Verschiebungen kommt, zu Verschiebungen vom Konsumenten, wie ich glaube, hin zum Steuerzahler. Man schätzt, daß es hier zu Mehrkosten in der Größenordnung von 4 bis 8 Milliarden Euro kommen wird, wobei ich davon ausgehen möchte – und gerade erst heute ist ja auch in den Medien etwas anderes gestanden –, daß dieser Betrag nicht diese Größenordnung erreichen wird. Er wird wahrscheinlich geringer ausfallen. Wissen werden wir es aber erst dann, wenn diese Zahlungen tatsächlich geleistet werden.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Ich möchte aber auch nicht verschweigen, daß gerade dieser Agenda-Vorschlag auch positive Ansätze in sich birgt. Ich denke dabei etwa an die Einführung der Obergrenzen bei den Großbetrieben oder daran, daß die Möglichkeit zur weiteren Differenzierung bei den Förderungen durch die Mitgliedsländer offengehalten wird, oder auch daran, daß ein verstärkter Ausbau der Mittel für die Umweltprogramme vorgesehen ist. Ebenfalls positiv und sehr zukunftsträchtig sind die regionalpolitischen Ansätze, die in diesem Vorschlag aufgezeigt werden.

Ich meine daher, daß einzelne Elemente dieses Vorschlages durchaus positiv sind. Insgesamt ist diese Reform aber zuwenig sozial orientiert, zumindest bis zum jetzigen Zeitpunkt. Ich hoffe, daß bei den zukünftigen Verhandlungen gerade dieses Thema noch besonders angesprochen und ausverhandelt wird. Es fehlen vor allem die Zielgenauigkeit und die stärkere Ausrichtung nach sozialen Gesichtspunkten.

Geschätzte Damen und Herren! Gerade das Argument der ungerechten Förderung zieht sich wie ein roter Faden durch die ständigen Diskussionen, vor allen Dingen auch deshalb, weil man sieht, daß man mit den herkömmlichen Förderungsinstrumentarien den Strukturwandel in Wirklichkeit negativ beeinflußt und beschleunigt. Trotz der Reform, die im Jahr 1992 angegangen wurde, fallen pro Jahr in der gesamten Europäischen Union 500 000 Betriebe weg. Österreich selbst ist davon ebenfalls ganz stark betroffen.

Förderungen wie Tier-, Acker- und Umweltprämien richten sich zum jetzigen Zeitpunkt ausschließlich nach der Anzahl der gehaltenen Tiere oder nach der bewirtschafteten Fläche. Somit liegt natürlich auf der Hand, daß große Betriebseinheiten finanziell starke Vorteile genießen, wogegen gerade die kleinen Betriebe, also unsere Kleinbauern, nur ganz bescheidene Zuschüsse erhalten.


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite