Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 159. Sitzung / 199

Meine Damen und Herren! Das geht soweit, daß der Wähler bei einer Gemeinderatswahl, wenn er sich gerade nicht in seiner eigenen Gemeinde aufhält, nicht an der Gemeinderatswahl teilnehmen kann. Das geht dann so weiter bei der Landtagswahl, daß nämlich der Wähler nicht in einem anderen Bundesland wählen kann und man ihn so von einer Landtagswahl ausschließt. Selbst wenn jetzt, wie das am 7. März der Fall sein wird, in mehreren österreichischen Bundesländern Wahlen stattfinden werden, kann der Bürger nur in seinem eigenen Bundesland dem Wahlrecht nachkommen. Und es ist auch so, daß das österreichische Wahlkartensystem bei Bundeswahlen eine Unterschrift im Ausland unbedingt erforderlich macht. Das heißt, die Wahlkarte muß im Ausland aufgegeben werden. Sollte sich dieser Bürger aber gerade im Inland aufhalten, dann müßte er wieder ins Ausland fahren, um seinem Wahlrecht nachkommen zu können.

Herr Bundeskanzler! Daß Sie dieses Wahlkartensystem noch immer für ausreichend halten, wie Sie mir in einer Anfragebeantwortung mitgeteilt haben, versteht in Österreich sicherlich niemand mehr! Es kann sich dabei doch nur mehr um einen Justamentstandpunkt von Ihnen handeln.

Wer also infolge von Krankheit, Gebrechlichkeit, Studienaufenthalt, beruflichen oder sonst wichtigen Gründen das Wahlrecht nicht ausüben kann, sollte Anspruch auf eine Briefwahlmöglichkeit haben. (Beifall bei der ÖVP.)

Wichtig in diesem Zusammenhang: Es muß gesichert sein, daß Briefwahlunterlagen fernmündlich oder schriftlich beantragt werden können, um nicht erst wieder persönlich erscheinen zu müssen.

Meine Damen und Herren! Ein kurzer internationaler Vergleich, ein Blick über die Grenze: In der Schweiz etwa gibt es die Möglichkeit des Dauergesuches für eine Briefwahl, wenn man ein entsprechendes Alter hat oder bettlägerig ist.

In Deutschland fordert jeder Bürger ohne Angabe von Gründen Briefwahlunterlagen an, und seit 1957 ist in Deutschland die Briefwahl möglich. Die Universität Osnabrück untersucht derzeit Wahlmöglichkeiten per Internet. – So sieht es international aus.

Meine Damen und Herren! Die Kernfrage ist: Trauen wir den Österreichern weniger Demokratiereife und Eigenverantwortung zu als etwa die Schweiz, Deutschland oder England ihren Bürgern? – Wir von der Österreichischen Volkspartei sind für mehr Eigenverantwortung und gegen Zwänge beziehungsweise Gängeleien! (Beifall bei der ÖVP.)

Zu den Argumenten der Sozialdemokraten, die immer wieder dahin gehend gebracht werden, daß es eventuell zu Mißbräuchen kommen könnte, möchte ich feststellen, daß es interessant ist, daß man sehr wohl einverstanden ist, daß es bei der Arbeiterkammerwahl, bei der Betriebsratswahl oder bei der Personalvertretungswahl eine Briefwahlmöglichkeit gibt. – Da zeigt sich eine weitere Ungereimtheit im österreichischen Wahlrecht.

Meine Damen und Herren! Der vorliegende Antrag beinhaltet eine saubere und vernünftige Lösung, die verfassungskonform ist und den neuen Anforderungen wie Mobilität der Bevölkerung, der immer größer werdenden Zahl älterer Menschen, den Anliegen der Behindertenorganisationen sowie einer sparsamen öffentlichen Verwaltung entspricht. Den Wahlrechtsgrundsätzen unserer Verfassung, das Wahlrecht geheim und persönlich ausüben zu können, wird Rechnung getragen. Es ist höchste Zeit, daß unser Wahlrecht den Bedürfnissen unserer Bürger angepaßt wird! (Beifall bei der ÖVP.)

22.32

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Höchtl. 1 Minute freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

22.32

Abgeordneter Mag. Dr. Josef Höchtl (ÖVP): Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Kollege Murauer hat diesen Antrag umfassend begründet.


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