Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 16. Sitzung / Seite 28

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rates beigetragen, weil es dem demokratischen Selbstbewußtsein eines Staates dient und nützt, Mitglied des Europarates zu sein, auf der anderen Seite ist es aber nicht mit Sanktionen verbunden, wenn man gegen gemeinsame Grundsätze verstößt. Das heißt, nicht einmal eine Verurteilung durch den Europäischen Gerichtshof zieht unmittelbare Konsequenzen nach sich.

Ich sehe es daher durchaus zwiespältig, welchen Beitrag diese Institutionen zu einer gemeinsamen Ebene dieser Gesellschaften, was die Mindeststandards von Menschenrechten, sozialen und sonstigen Rechten betrifft, leisten können. Ich sehe es vor allem auch sehr zwiespältig, wenn man Staaten in den Europarat aufnimmt, die diesen Mindeststandards evidenterweise nicht entsprechen. Ich kann mich dem Jubel nicht anschließen, wenn man Staaten wie Rußland aufnimmt und meint, das wäre die Chance, diese Staaten dann besser in die Pflicht nehmen zu können. Denn bei allem Respekt davor, daß man damit den Angehörigen dieser Staaten zwar die Möglichkeit einer Individualbeschwerde vor dem Gerichtshof gibt, ist damit gleichermaßen für mich, wenn nicht sogar in größerem Maße die Gefahr verbunden, Menschenrechte zu verwässern. In Kenntnis der Verletzung der Menschenrechte geht man nämlich davon aus, sie finden nicht statt, es liegt eine Fiktion zugrunde, und damit kann man sogar ein bißchen das Gefühl der Legitimität bei diesen Staaten hervorrufen. Europarat und Menschenrechte müssen aber als ein ehernes Gesetz der Zusammengehörigkeit empfunden werden.

Die Glaubwürdigkeit des Europarates läuft aber auch in anderen Bereichen Gefahr, untergraben zu werden. Und da möchte ich auf konkrete Dinge eingehen, bei denen ich erwarte, daß die österreichische Regierung, das österreichische Parlament handelt. Es genügt mir nicht, daß wir uns hier alle berühmen, Mitglied des Europarates zu sein, und damit angeblich einen Mindeststandard erfüllen. Tatsache ist, daß vor 20 Jahren die Charta für Regional- und Minderheitensprachen erarbeitet wurde, die von den meisten Staaten inzwischen zwar unterschrieben, aber nicht ratifiziert wurde. Das haben einzig bisher Finnland, Norwegen und Ungarn getan. Österreich hat es nicht getan. Wir haben daher aus meiner Sicht kein Recht, uns hier zu berühmen, welch aktives Mitglied wir im Europarat sind und daß wir eine Vorreiterrolle übernehmen könnten.

Bei einer weiteren Konvention, die ich für außerordentlich notwendig halte, geht es um die Teilnahme von Ausländern am öffentlichen Leben auf lokaler Ebene. Auch hier könnte Österreich insofern eine wesentliche Rolle übernehmen, als nämlich das Inkrafttreten davon abhängig ist, daß vier Staaten diese Konvention ratifizieren. Österreich könnte der vierte Staat sein nach Schweden, Norwegen und Italien.

Ich ersuche daher dieses Parlament – wir werden einen einschlägigen Entschließungsantrag einbringen –, die Regierung aufzufordern, das Ratifikationsverfahren einzuleiten, denn ansonsten haben wir die heutige Gelegenheit nur dazu genützt, schöne Worte zu sprechen, uns zu berühmen, aber nichts dazu beigetragen, daß tatsächlich der Fußboden geschaffen wird; ein Fußboden für ein Europa mit erweiterten Bürgerrechten. Dies darf kein Europa sein, bei dem es nur um den Schutz vor dem Niedergang einzelner Wirtschaftszweige geht. Es geht um die Bürgerrechte und um die Menschenrechte! – Danke. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

11.35

Präsident Dr. Heinz Fischer: Das Wort hat nun Frau Abgeordnete Dr. Petrovic. – Bitte sehr.

11.36

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! 40 Jahre österreichische Mitgliedschaft beim Europarat sind auch für die Grünen ein Grund zur Freude. Ich habe die Ausführungen der Klubobleute der Regierungsparteien nicht als reine Jubelmeldungen verstanden, es waren durchaus kritische Untertöne darin. Ich glaube aber, wir tun zuwenig, um der berechtigten Kritik, die es heute gibt, Rechnung zu tragen.

Klubobmann Dr. Kostelka hat in seinen Ausführungen gesagt, wir müssen aufpassen, daß der Europarat nicht zu einer Krabbelstube der jungen Demokratien degradiert wird. Klubobmann Dr. Khol hat darauf hingewiesen, daß es im Europarat nicht sosehr um die Interessen des Handels,


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