Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 161. Sitzung / 49

Meine Damen und Herren! Ich bleibe dabei, und ich sage das von hier aus noch einmal sehr klar: Wir müssen uns in Europa, vor allem im EU-Europa über die Frage der Prävention intensiv den Kopf zerbrechen. Müssen wir bei jedem Konflikt erst dann intervenieren, wenn er schon militärisch geführt wird? Müssen wir tatsächlich so lange warten? Sind wir nicht in der Lage, diese Steinzeit mangelnder Rechtsnormen zu beenden? Wenn es uns gelungen ist, im Bereich der Menschenrechte klare Grundlagen zu schaffen, eine Konvention zu verabschieden, warum sind wir dann nicht in der Lage, eine ähnliche Konvention auch für Volksgruppenrechte in Europa zu verabschieden, meine Damen und Herren?

Ich weiß schon, daß das für viele Staaten innenpolitisch beschwerlich ist, aber das müssen wir einfach tun. Auch Volksgruppenrechte gehören europaweit kodifiziert, um damit eine Basis für eine solide Lösung von Volksgruppenproblemen zu schaffen. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

In diesem Sinne ist natürlich diese Bundesregierung zu kritisieren. Die Krise, zumindest in Europa, erreichte ihren Höhepunkt, als Österreich den EU-Vorsitz führte. Da war es für uns wieder am wichtigsten, die Augen zuzuhalten und zu hoffen, daß wir uns vielleicht bis Dezember drüberschwindeln könnten, denn dann bekämen die Deutschen dieses Problem geliefert. Damit muß einfach Schluß sein! Ich kann nur sagen: Ab jenem Augenblick, in dem wir mithelfen, die Kurdenfrage in der Türkei zu lösen, und zwar als Volksgruppen- und Menschenrechtsfrage, haben wir auch kein innenpolitisches kurdisches Problem mehr. Die Vorgangsweise müßte lauten: zuerst das zentrale Problem, die Ursache für Konflikte beseitigen und dann erst über innenpolitische Auswirkungen diskutieren.

In diesem Sinn richte ich meinen Appell an alle Fraktionen in diesem Haus, daß wir vielleicht in einem – sagen wir es einmal so – persönlichen Gespräch versuchen, uns den Kopf darüber zu zerbrechen, wie wir ein europäisches Volksgruppenrecht zunächst als durchsetzbares Recht innerhalb unserer Grenzen festlegen und dann auch als Europaprojekt weitertransportieren können. – In diesem Sinne danke ich für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall beim Liberalen Forum, bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

12.49

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es hat sich jetzt Herr Bundesminister Schlögl zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Bundesminister.

12.49

Bundesminister für Inneres Mag. Karl Schlögl: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte zu ein paar Dingen, die in der bisherigen Debatte erwähnt worden sind, kurz Stellung nehmen.

Erstens: Sowohl von Herrn Abgeordneten Stadler als auch von den Abgeordneten Jung und Kiss wurde Kritik an der Weisung des damaligen Innenministers Caspar Einem im Zusammenhang mit der Gruppe ERNK geübt. Ich darf dazu festhalten und mitteilen, daß es tatsächlich einen Aktenvermerk des Generaldirektors für die öffentliche Sicherheit bezüglich einer solchen Weisung gibt. Dieser Aktenvermerk stammt vom 21. April 1995. Für mich haben dieser Aktenvermerk und diese Weisung aus dem Jahre 1995 aus zwei Gründen keine Gültigkeit mehr: erstens deswegen, weil ich schon bald nach meinem Amtsantritt als Innenminister meinen Kollegen und den Mitarbeitern gerade im Bereich der Staatspolizei, aber auch in anderen Sondereinheiten sehr klar gesagt habe, daß solch eine Weisung nicht zu exekutieren und nicht einzuhalten ist.

Darüber hinaus möchte ich mitteilen, daß meiner Meinung nach auch bereits in der Zeit der Tätigkeit des Herrn Bundesministers Caspar Einem als Innenminister diese Weisung nicht mehr aktuell war und nicht mehr eingehalten wurde, weil die ERNK und die damalige Führungsschicht im April 1996 nach monatelangen Erhebungen durch die EBT nach § 278 Strafgesetzbuch – dieser Paragraph regelt kriminelle organisierte Verbindungen – angezeigt wurden. Allein die Tatsache, daß die EBT aufgrund von Beobachtungen und von monatelangen Erhebungen die ERNK und die damalige Führungsschicht bei Gericht angezeigt hat, ist der beste Beweis dafür, daß diese Weisung nicht mehr existiert hat. (Abg. Dr. Khol: Hat es da ein Gerichtsverfahren


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