Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 164. Sitzung / 188

ist sicher – das haben wir aus Tschernobyl gelernt –: Radioaktive Strahlen machen vor keiner Grenze halt.

Ein wesentliches Anliegen muß es für uns daher sein, nicht eine Politik der Junktime zu praktizieren, Herr Kollege, sondern eine Politik der Überzeugung vor Ort. Einer der Orte, an denen die Überzeugungspolitik vor Ort derzeit von größter Wichtigkeit ist, ist das tschechische Temelin, wenige Kilometer von der oberösterreichischen Grenze entfernt.

Fernab aller Diskussionen rund um die technische Auf- und Umrüstung und fernab aller anderen Spekulationen rund um dieses Kraftwerk möchte ich hier vorweg folgendes sagen: Temelin ist eine Zumutung für die gesamte Bevölkerung Europas! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.) Temelin ist eine Zumutung, wenn wir an die nachfolgenden Generationen und deren Sicherheit denken! Temelin ist eine Zumutung, wenn wir an die Umwelt und deren Schutz denken! Temelin ist eine Zumutung, wenn wir Umweltpolitik ernst nehmen!

Oberösterreich hat als einziges Bundesland einen eigenen Beauftragten für grenznahe Atomkraftwerke. Unsere Initiative, Aufklärungsarbeit auf allen Ebenen zu leisten und die Unterstützung der Non-Governmental Organisations haben sicherlich dazu beigetragen, daß die tschechische Regierung die Entscheidung über das Atomkraftwerk Temelin bis Ende April dieses Jahres verschoben hat.

Ein Grund dafür ist sicherlich auch eine vom oberösterreichischen Temelin-Beauftragten vorgelegte Least-Cost-Studie über einen ökonomischen Vergleich der Fertigstellung des AKW Temelin mit Alternativen. In dieser Studie wird auf Basis einer Verbraucheranalyse eindeutig aufgezeigt, daß der in Tschechien zwischen 1993 und 1996 stark gestiegene Verbrauch von elektrischer Energie durch ungerechtfertigte Förderungen von Elektroheizungen künstlich entstanden ist.

Das Land Oberösterreich führt derzeit in Kooperation mit den Umweltministerien in Wien und in Prag ein Pilotprojekt durch. Damit sollen die Möglichkeiten eines Elektrodirektheizungs-Ersatzprogramms untersucht werden. In der Tschechischen Republik stößt diese Alternative auf hohe Akzeptanz. Die Realisierung dieses Programms könnte zumindest bis zum Jahre 2015 eine ausgeglichene Produktions- und Leistungsbilanz in Tschechien ohne jeden weiteren Kraftwerksbau sichern.

Summa summarum bringen diese Maßnahmen, bringt diese von Oberösterreich erfolgreich praktizierte Überzeugungspolitik vor Ort Erfolge. Um diese Erfolge zu verstärken und die Zeit zu nützen, bringe ich folgenden Entschließungsantrag von vier Parteien ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ellmauer, Oberhaidinger, Mag. Barmüller, Ing. Langthaler, Kopf, Dr. Keppelmüller, Dr. Kier, Dr. Moser und Kollegen betreffend die Weiterführung der österreichischen Anti-Atompolitik

Der Nationalrat wolle beschließen:

1. Die Bundesregierung wird ersucht, auf internationaler sowie auf nationaler Ebene auch weiterhin alle Möglichkeiten zur Umsetzung von Maßnahmen im Sinne der gemeinsamen ablehnenden Haltung gegenüber der Atomenergie zu nutzen und insbesondere im Rahmen des Erweiterungsprozesses der Europäischen Union die österreichische Position zu vertreten und dabei verbindlich für die Erstellung von Atomausstiegskonzepten und die Nutzung von bestehenden EU-Kreditinstrumenten einzutreten beziehungsweise entsprechende Finanzierungsmöglichkeiten durch die EU einzufordern.

2. Die Bundesregierung wird ersucht, hinsichtlich des Kraftwerks Temelin nochmals auf höchster Ebene mit der tschechischen Regierung Kontakt aufzunehmen, um alle für eine Entscheidung der tschechischen Regierung nötigen Hilfeleistungen bis 30. April 1999 zur Verfügung zu


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