Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 168. Sitzung / 94

Gerade eine Politikerin wie Sie, die so sehr die Redlichkeit auf ihre Fahnen schreibt, will auf der einen Seite der Öffentlichkeit weismachen, sie werde einen Mißtrauensantrag einbringen, sagt aber auf der anderen Seite quasi in Klammern dazu: Wir wollen eh nicht, daß darüber abgestimmt wird! – Das ist eine Zwiespältigkeit und eine Vorgangsweise, die sich selbst disqualifiziert! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Etwas sehr Ähnliches steckt eigentlich auch hinter Ihrem Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses. Es geht Ihnen nicht darum, eine politische Verantwortung über die Abschiebepraxis festzumachen. Der Herr Bundesminister hat die politische Verantwortung nicht für den Tod, aber für die Praxis der Abschiebung übernommen. Er hat seinen Fehler eingestanden, und er hat einen umfangreichen Maßnahmenkatalog vorgelegt. Ihnen geht es aber darum, dieses Thema parteipolitisch in Ihrem Sinne zu mißbrauchen, damit generell eine andere Asylpolitik in diesem Land stattfindet. Und dagegen werden wir uns zur Wehr setzen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Kollege Kier! Ich werde Ihnen das auch beweisen! Es steht außer Zweifel, daß die Verwendung von Klebebändern bei der Abschiebung von Schubhäftlingen nicht statthaft ist. Es steht auch außer Zweifel, daß die Verwendung von Spritzen zur Sedierung von Abschiebungshäftlingen abzulehnen ist. Überhaupt keine Frage!

Aber, Herr Kollege Kier, Sie haben nicht einmal einen Deut, Sie haben nicht einmal den geringsten Versuch unternommen, auch nur irgendeine Alternative dafür, wie man einen Abschiebevorgang nach Ihrer Meinung legal durchführen könnte, hier tatsächlich anzubieten. Sie haben nicht einmal den Versuch unternommen! (Abg. Dr. Kier: Sie haben nicht zugehört!) Sie haben nur gesagt, die eine Maßnahme sei nicht statthaft. Da haben Sie recht, das gestehe ich Ihnen zu. Sie haben aber im gleichen Atemzug gesagt, auch die Verwendung eines Helms, der vorne offen ist, sei nicht statthaft.

Herr Kollege Kier! Eine Antwort sind Sie vom Liberalen Forum und auch Sie von den Grünen der Öffentlichkeit schuldig geblieben. Worin besteht denn Ihr Vorschlag? – Ich kann doch nicht glauben, daß Sie tatsächlich sagen, alle Zwangsmittel zur Aufrechterhaltung des Abschiebevorganges sind rechtswidrig, denn das hieße ja, daß unsere Polizisten schutzlos Beißattacken von Abzuschiebenden ausgesetzt sind. Das kann ich Ihnen doch nicht unterstellen, daß Sie unsere Exekutive dem aussetzen wollen. Was wäre aber die weitere Konsequenz? – Daß es überhaupt keine Abschiebung gäbe!

Bitte, bleiben Sie ehrlich! Bleiben Sie bei der Wahrheit! Sagen Sie der Bevölkerung, daß Sie in Wirklichkeit der Meinung sind: Österreich ist ein Einwanderungsland! In Österreich hat jeder Asyl zu bekommen, ganz gleich, ob er aus politischen oder aus wirtschaftlichen Gründen hier ist. – Aber tun Sie nicht so, und verstecken Sie sich nicht hinter scheinheiligen Argumenten! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

20.52

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt jetzt Frau Abgeordnete Dr. Petrovic. – Bitte.

20.53

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Es ist schon erstaunlich, daß sich nach Ausführungen über die Andersartigkeit von Menschen mit anderer Hautfarbe von seiten einer freiheitlichen Abgeordneten die Debatte dann darauf reduziert, wie denn die Technik des Verbringens von Menschen bewerkstelligt werden kann. Ob die Verfassung und die Menschenrechte über den Gesetzen stehen, scheint keine Rolle mehr zu spielen. (Abg. Scheibner: Denken Sie an Ihre Wortmeldung über die Behinderten! – Abg. Dr. Partik-Pablé: Sie sind so schwach, daß ich nicht ...!)

Herr Abgeordneter Schwemlein! Sie sagten, Sie seien gegen einen Untersuchungsausschuß, weil dieser ohnehin nur zum Tribunal werde. Ich muß in diesem Zusammenhang schon die Klubobleute der Regierungsparteien fragen, warum sie uns dann mehr oder minder an der Nase herumgeführt haben, als wir Verhandlungen über die Geschäftsordnung betreffend Untersuchungsausschüsse führten und als Sie, Herr Dr. Khol, und Sie, Herr Dr. Kostelka, sagten,


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