Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 169. Sitzung / 47

10.33

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Wir diskutieren heute einen Außenpolitischen Bericht, der sehr umfangreich, durchaus auch informativ und nett zu lesen ist. Es gibt ja alleine hinten im Anhang mehr als 100 Seiten, in denen wie in einem Lexikon ein Bericht über die verschiedensten Staaten der Welt angeführt ist. Alles wunderbar, nur, Herr Außenminister: Dieser Außenpolitische Bericht gibt keine realistische Wiedergabe der Außenpolitik der Bundesregierung.

Es ist ja auch tatsächlich sehr schwer, festzuhalten, wie denn diese Außenpolitik der Bundesregierung aussieht oder von wem diese Außenpolitik getragen wird. Denn da gibt es einmal die Außenpolitik des Herrn Außenministers – Ihre, Herr Minister Schüssel –, dann gibt es die Außenpolitik des Herrn Bundeskanzlers – oder zumindest jenes Bundeskanzlers Klima, der im Ausland auftritt –, und dann gibt es noch eine dritte Außenpolitik, nämlich jene von Bundeskanzler Klima, die er im Inland vertritt. Und diese drei Außenpolitiken passen überhaupt nicht zusammen, Herr Außenminister! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Vielleicht können Sie uns in Ihren Ausführungen einmal erklären: Was ist denn jetzt die Außenpolitik der österreichischen Bundesregierung?

Ist es nicht vielmehr so, daß Sie in Wirklichkeit den nationalen Konsens in der Außenpolitik aufgegeben haben, der dieses Land über Jahrzehnte geprägt hat, mit dem man versucht hat, nicht nur innerhalb der Bundesregierung eine einheitliche Linie in der Außenpolitik dieses Landes zu fahren, sondern auch, diesen Konsens möglichst auf die wichtigsten Gruppierungen, auch auf die Opposition dieses Landes auszudehnen? – Aber Sie schaffen diesen Konsens nicht mehr. Sie schaffen ja nicht einmal die Übereinstimmung innerhalb der Bundesregierung.

Wir haben es leider damit zu tun, daß in einer so wichtigen Zeit die Außenpolitik Österreichs zum Spielball im Machtkampf der Regierungsparteien degradiert wird. Es wird darüber gestritten, wer denn nach den nächsten Wahlen das Außenministerium besetzen wird. Das heißt, noch bevor der Wähler entschieden hat, wie sich das Kräfteverhältnis hier in diesem Hause, in diesem Lande abzeichnen wird, diskutieren Sie schon darüber, ob die SPÖ oder die ÖVP das Außenressort übernehmen wird.

Sie können sich auch über Botschafterbestellungen nicht einigen, und zwar deshalb nicht, weil die Frage offen ist, ob Herr Kommissar Fischler – der ja für seine Tätigkeit im Rahmen der Europäischen Union auch scharf kritisiert wurde – wieder sein Amt annehmen darf und ob auf der anderen Seite der SPÖ dafür andere wichtige Positionen in Brüssel gegeben werden müssen. Wir müssen daher zur Kenntnis nehmen, daß mehr als 20 Botschafterposten in ganz Europa nicht nachbesetzt werden können.

Herr Außenminister! Das ist nicht die aktive Außenpolitik, von der Sie immer reden und die wir von Ihnen als Außenminister dieser Republik auch verlangen würden! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir verlangen von Ihnen auch, daß Sie einen Grundsatz befolgen: daß der Sinn und das Ziel einer aktiven Außenpolitik auch und in erster Linie die Vertretung österreichischer Interessen im Ausland sein sollte. Auch das vernachlässigen Sie in gröblichster Art und Weise. Das geht ja sogar aus diesem Bericht hervor, schon aus dem Vorwort.

Wenn Sie in diesem Bericht etwa loben – bei der Frage unserer Stellung in der Europäischen Union –, daß es ein wichtiges Ziel des österreichischen EU-Ratsvorsitzes gewesen ist, die EU-Osterweiterung voranzutreiben, und daß Sie dabei offenbar starken Widerstand bei anderen Mitgliedsländern der Europäischen Union überwunden haben, dann muß ich sagen: Dieser "Erfolg", den Sie hier feiern, war für Österreich und für die österreichische Bevölkerung ein absoluter Pyrrhussieg! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die Österreicher, die österreichischen Steuerzahler, werden in Zukunft die Zeche für diesen angeblichen Erfolg, den Sie hier feiern, zu zahlen haben! Sie wissen doch ganz genau – auch das beweist die Doppelbödigkeit –: Im Ausland und in diesem Bericht feiern Sie die Fortschritte


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