Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 169. Sitzung / 90

Zum zweiten Punkt: die EURATOM-Initiative. Auch wenn manche vielleicht noch etwas zögern, werde ich die von mir gestartete Initiative zur Änderung des EURATOM-Vertrages mit den Schwerpunkten EURATOM-Vertrag als Sicherheitsvertrag, Beseitigung des Demokratiedefizits, Beseitigung der rechtlichen und faktischen Sonderrolle des Nuklearsektors und den Einstieg in den Ausstieg mit Nachdruck weiterverfolgen. Die gegenwärtige politische Konstellation in Europa dürfen wir nicht ungenützt verstreichen lassen. Ich bin auch überzeugt davon, daß es wesentlich und wichtig ist, in Richtung der Beitrittswerber klarzulegen, daß auch innerhalb Europas, innerhalb der Europäischen Union die nukleare Sicherheit von großer Bedeutung ist und daß wir nicht nur vor den anderen Türen kehren, sondern auch vor den eigenen Türen. Ich glaube, auch das ist allen gegenüber fair.

Zum dritten: Wettbewerbs- und Beihilfenrecht. Da die Tschechische Republik durch das Europa-abkommen mit der Europäischen Union bereits heute an die Gemeinschaftsgesetzgebung in Hinblick auf Staatssubventionen gebunden ist, werden wir vor allem die Europäische Kommission, aber auch andere Mitgliedstaaten ersuchen, dieser Frage besondere Aufmerksamkeit zu widmen. Nötigenfalls werden wir alle im Rahmen des Vorbeitrittsprozesses verfügbaren Instrumente im vollen Umfang ausnützen.

Der vierte Punkt betrifft den Elektrizitätsbinnenmarkt. Angesichts der offenkundigen Absicht, Strom aus Temelin in die Europäische Union zu exportieren, gehe ich davon aus, daß der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten an der Spitze und mit ihm die gesamte Bundesregierung in Analogie zu unserem ElWOG für strenge gesamteuropäische Antidumpingregelungen sowie deren kompromißlosen Vollzug eintreten werden.

Zum fünften Punkt, zur Umweltverträglichkeit. Zunächst werden wir die Tschechische Republik an ihre Zusage erinnern, die Espoo-Konvention über die Umweltverträglichkeitsprüfung im grenzüberschreitenden Rahmen im ersten Halbjahr 1999, also in den nächsten Wochen, zu ratifizieren. Unabhängig davon werden wir in Analogie zum UVP-Verfahren für die geplanten Anlagen zur Zwischenlagerung abgebrannter Brennelemente unsere Beteiligung an dem zu erwartenden UVP-Verfahren für Temelin einfordern.

Meine Damen und Herren! Die Tschechische Republik zu einem endgültigen Verzicht auf das Kernkraftwerk Temelin zu bewegen, wird, auch wenn die Fakten klar und überzeugend sind, der gemeinsamen Anstrengung aller – ich betone: aller! – bedürfen. In diesem Zusammenhang begrüße ich es sehr, daß eine Delegation des Nationalrats in Kürze die Tschechische Republik besuchen wird. Als wir in den frühen neunziger Jahren die Schaffung eines kernenergiefreien Mitteleuropas zur Regierungspolitik erklärten und unseren Widerstand gegen Kernkraftwerke wie Temelin systematisch und konsequent formulierten, wurden wir noch von vielen belächelt.

Heute – lassen Sie mich das wenige Wochen vor den Wahlen zum Europäischen Parlament betonen – kann Österreich in weiten Bereichen auf die Unterstützung zahlreicher Mitgliedsstaaten der Union und der Europäischen Kommission bauen. Heute gibt es klare Bedingungen für die Beitrittswerber. Gemeinsam haben wir bereits viel erreicht, gemeinsam können wir auch den endgültigen Umschwung im Falle Temelin bewirken, meine Damen und Herren!

Ich gehe davon aus, daß wir uns in absehbarer Zeit und in einem Rahmen wie dem heutigen neuerlich über dieses Kraftwerk unterhalten werden – mit anderen Konsequenzen und mit anderen Vorzeichen. (Beifall bei der SPÖ.)

13.42

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Vielen Dank, Frau Bundesministerin, für Ihre Ausführungen.

Nun bitte ich Sie, Herr Bundesminister Bartenstein, um Ihre Ausführungen. – Bitte.

13.42

Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie Dr. Martin Bartenstein: Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Kollegin Prammer! Meine sehr verehrten Damen und Herren des Hohen Hauses! In Ergänzung zu dem, was Frau Kollegin Prammer gesagt hat, darf ich eingangs


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