Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 25. Sitzung / Seite 38

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zusammenzuarbeiten, denn die Menschen in diesem Gebiet können vielfach nichts für das, was ihre Führer, ihre Armeechefs in diesem furchtbaren Krieg angestellt haben! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

10.36

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Krüger. Er hat das Wort.

10.36

Abgeordneter Dr. Michael Krüger (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Unser Justizsprecher hat in seinem Debattenbeitrag bereits darauf hingewiesen, daß die Frage der Zustimmung zu dieser Regierungsvorlage in unserer Fraktion differenziert gesehen wird. Diese differenzierte Sicht ist auch durch die Problematik, die dahintersteht, indiziert. Wir sehen uns nämlich inmitten eines Spannungsfeldes, das darin besteht, eine profunde Interessenabwägung unter Bedachtnahme einerseits auf den Gedanken der Souveränität und andererseits auf die Verpflichtungen aus der internationalen Staatengemeinschaft durchzuführen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Rechtsstaatlich ist eines klar: Der Verzicht auf ein Strafverfahren durch die Republik Österreich, wie er nach § 4 Abs. 2 dieser Regierungsvorlage vorgesehen ist, ist nichts anderes als die Teilaufgabe eines souveränen Anspruches eines Staates. Denn strafrechtlich gilt noch immer das Universalitätsprinzip, das davon ausgeht, daß die Republik Österreich einen Strafanspruch und einen Strafvollziehungsanspruch hinsichtlich aller Verbrechen erhebt, ganz egal, in welchem Winkel der Erde diese Verbrechen begangen wurden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auf der anderen Seite verkenne ich aber nicht die Verpflichtungen, die die Republik Österreich durch den Beitritt zu den Vereinten Nationen übernommen hat. Die Charta der Vereinten Nationen sieht nämlich die Einrichtung von Internationalen Gerichtshöfen bei schweren Verstößen gegen das humanitäre Völkerrecht vor. Das heißt mit anderen Worten, daß das Internationale Gericht, das jetzt ins Leben gerufen wurde, um die schrecklichen Verbrechen im ehemaligen Jugoslawien abzuhandeln, rechtsstaatlich legitimiert ist. Meine Damen und Herren! Sie wissen, es hat in der Vergangenheit das eine oder andere Tribunal gegeben, das keine derart fundierte Rechtsgrundlage hatte. Das gegenwärtige Internationale Gericht, das jetzt eingerichtet wird, hat diese Rechtsgrundlage aufgrund der Charta der Vereinten Nationen. Nach einer sehr sorgfältigen Abwägung zwischen diesen beiden Polen und des besonderen Spannungsverhältnisses zwischen der Teilaufgabe der Souveränität, nämlich dem Verzicht auf den Strafvollzugsanspruch der Republik Österreich, und den Verpflichtungen aus der Staatengemeinschaft komme ich zum Ergebnis, daß ich für das zweitere eintrete, daß ich die Republik Österreich zurücknehme, und zwar sowohl im Interesse der internationalen Staatengemeinschaft als auch im Interesse daran, Schwerstverbrecher, die gegen das humanitäre Völkerrecht verstoßen haben, vor einem internationalen Gerichtshof aburteilen zu können.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Diese Regierungsvorlage und die Bestimmungen über die Einrichtung des Internationalen Gerichtes sind meines Erachtens auch im Sinne zumindest des Versuches einer Kriegsprophylaxe zu sehen. Denn wer die Nachrichtensendungen der vergangenen Wochen genau verfolgt hat, wird erkannt haben, daß die Tatsache der Einrichtung des Internationalen Gerichtes und die Tatsache, daß der bosnische Serbenführer Radovan Karadýi% steckbrieflich gesucht wird, doch eine politische Auswirkung auf dessen Status im serbischen Teil von Bosnien hatten, wenngleich er jetzt offensichtlich nur einmal nach außenhin zurückgenommen wurde. Aber es ist doch klargeworden, daß sich ein Staat oder ein Volk auf Dauer einer internationalen Gerichtsbarkeit und einer internationalen Ahndung von schweren Verbrechen gegen das Völkerrecht nicht entziehen kann.

Herr Kollege Schieder hat das Buch von Peter Handke angesprochen. Wir wissen ja, daß das Parlamentspräsidium Herrn Handke die Möglichkeit eingeräumt hat, hier eine Lesung durchzuführen. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, wir sollten schon sehr genau zu


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