Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 35. Sitzung / Seite 92

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14.27

Abgeordnete Heidrun Silhavy (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Kollegin Hostasch hat in ihrem Debattenbeitrag auf die soziale, wirtschaftliche und vor allem politisch mehrheitsfähige Kompromißlösung zur Sicherung der Gesundheitsvorsorge hingewiesen.

Ich möchte einen Aspekt dabei noch aufgreifen. Die APA hat am 26. Juni dieses Jahres eine Presseaussendung der steirischen Ärztekammer veröffentlicht, wonach diese sich vehement gegen die Einhebung einer Krankenscheingebühr ausspricht. Auch die Wortmeldung des Herrn Dr. Pumberger heute ist in die gleiche Richtung gegangen. Und ich frage mich: Warum? Vielleicht deshalb, weil Patienten dann keine Krankenkassenschecks mehr automatisch beim Arzt deponieren und man sozusagen keine Verrechnung ohne Leistungserbringung mehr machen kann, das heißt, kein arbeitsloses Einkommen aus diesen deponierten Krankenkassenschecks lukrieren kann?

Auch der Angriff auf die Kassenambulatorien wird immer wieder von der FPÖ hier getätigt (Zwischenruf des Abg. Meisinger ) , und ich finde ihn nicht ganz gerechtfertigt, denn man sollte es einmal anhand von sachlichen Zahlen anschauen, Herr Kollege.

Die Zahnambulatorien der Krankenversicherungsträger haben im Jahr 1994 einen Produktionswert von 1 458 Millionen Schilling erbracht, bei Kosten von 1 066 Millionen Schilling. (Abg. Koppler: Die Ambulatorien!) Das heißt mit anderen Worten: Wenn ich mir das am freien Zahnarztmarkt sozusagen zukaufen müßte, müßte die Sozialversicherung 392 Millionen Schilling mehr für diese Leistungen erbringen. Das ist Ihre Politik!

Auch der Rechnungshofbericht wurde sehr eigenwillig vom Kollegen Dr. Pumberger zitiert. Erstens einmal hat er die Stellungnahmen der Kassen sowieso gleich ignoriert, aber vor allem hat er einen Punkt übersehen, nämlich den Punkt 19.1, der doch recht interessant klingt. Da stellt der Rechnungshof nämlich fest: "Wiewohl die Ärztegesamtverträge eine Begrenzung der Ausgaben der Träger der Krankenversicherung für die vertragsärztliche Tätigkeit enthalten sollen, ist es der Kasse nicht gelungen, bei Honorarverhandlungen mit der Ärztekammer eine Gesamtausgabenbegrenzung in die Ärztegesamtverträge aufzunehmen. Die Kasse will sich weiter darum bemühen", steht dann in der Entgegnung der Kasse.

Warum, frage ich mich, hat Herr Dr. Pumberger diese Kritik auf einmal übersehen? Warum hat er nur Belange aufgezeigt, die mit Dienstnehmerrechten zu tun haben, aber nichts mit Kassen und Vertragsbedingungen und mit Ärztehonoraren? (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ing. Tychtl: Sehr verdächtig!)

Aber das liegt vielleicht an der Intention der Politik der FPÖ. Die Freiheitlichen haben eine Presseaussendung am 28. Juni getätigt, in der sie das freiheitliche Maßnahmenpaket zur Sanierung der Krankenkassen darstellen, und darin findet sich witzigerweise überhaupt nichts über eine Eindämmung der Ärztehonorare, aber sehr wohl wieder die Forderung nach Zusammenlegung der Sozialversicherungsträger und nach einem freien Wettbewerb am Versicherungsmarkt, Umwandlung der Pflichtversicherung in eine Versicherungspflicht. Selbstverwaltung und damit direkte Demokratie paßt eben nicht in die Dritte Republik der Freiheitlichen. (Beifall bei der SPÖ.)

Noch ein Wort zu den Werkverträgen, über die ja heute schon sehr viel gesprochen wurde.

Kollege Öllinger und Kollege Kier haben die nunmehr zu treffende Regelung kritisiert, obwohl sie gleichzeitig kundgetan haben, daß ihnen die Bestrebungen zur Umgehung des Arbeits- und Sozialrechts sehr wohl bekannt sind und daß sie auch befürchten, daß dieser Trend in Zukunft verstärkt wird.

Herr Kollege Öllinger! Sie haben aus einer APA-Meldung zitiert; ich zitiere ebenfalls aus einer, auch vom 28. Juni. Hier wird von der Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft BDO Auxilia Treuhand GmbH geschätzt, daß 300 000 Personen von dieser Neuregelung erfaßt werden, und es wird auch festgehalten, daß es nur mehr wenige Schlupflöcher geben wird, um der Sozialversicherungspflicht zu entgehen.


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