Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 37. Sitzung / Seite 200

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Ich darf bei dieser Gelegenheit in Erinnerung rufen, daß in Österreich bald die magische Grenze von 3 000 Milliarden Schilling an gebundenem Sparkapital erreicht wird, aber was die Risikokapitalseite anlangt, sind wir eines der Schlußlichter in Europa.

Auf der einen Seite besteht also ein Bankenapparat, der günstigen Zutritt zum Geldmarkt hat – um in erster Linie Kreditfinanzierungen zu betreiben –, aber auf der anderen Seite ist ein nicht funktionierender, schlafender Risikokapitalmarkt. Eine der Ursachen dafür, daß dieser Markt schläft und die Wiener Börse auch nicht aus ihrem Dornröschenschlaf erwachen kann, sind Bestimmungen unseres Einkommensteuergesetzes. Sie müssen sich eines vor Augen führen: Österreich ist das einzige beziehungsweise eines der wenigen Länder in Europa und in der westlichen Welt, in dem man – wenn man Kursgewinne innerhalb eines Jahres erzielt – voll in die Besteuerung hineinkommt, während man – wenn man im gleichen Zeitraum –, nämlich auch innerhalb eines Jahres, Kursverluste realisiert, diese nicht absetzen kann.

Meine sehr geehrte Damen und Herren von der ÖVP: Ihr Parteigänger, Notenbankchef Klaus Liebscher, hat bereits einige Male thematisiert, daß hier Handlungsbedarf gegeben wäre, aber offensichtlich stößt er selbst bei seinen eigenen Leuten auf taube Ohren. (Zwischenruf des Abg. Mag. Peter. ) Meine Damen und Herren! Durch Nichtagieren werden wir den Kapitalmarkt nicht in Gang setzen!

Ferner gibt es das legendäre Beispiel, das ich auch heute wieder in der Zeitung vorgefunden habe: "Weiter Unklarheit um geplante Wertpapieraufsicht." – Bitte wie wollen wir einen Risikokapitalmarkt in Österreich schaffen, wenn das wichtigste Instrument, nämlich die Bundeswertpapieraufsicht, nicht steht? Auch das ist ein Thema, Herr Kollege Stummvoll, das schon drei Jahre lang durch Österreich "herumgeistert", und es ist wieder keine Lösung in Sicht.

Es gibt eine große Menge anderer Beispiele, die man noch ausführen könnte, unter anderem selbstverständlich die Jungunternehmer. Wann werden Sie sich, meine sehr geehrten Damen und Herren von den Regierungsfraktionen, endlich dazu bequemen, diese unsinnige Lösung mit der 50 000 S Mindestkörperschaftssteuer aus der Welt zu schaffen? Sie ist äußerst kontraproduktiv und führt letztlich zu der Erkenntnis, meine sehr geehrten Damen und Herren – insbesondere meine Herren von der Wirtschaftskammer –, daß Jungunternehmer in Österreich nicht gefördert, sondern – ganz im Gegenteil – in der Realität sogar behindert werden. Die Ausführung des Herrn Bundeskanzlers mit den Worten: die Bundesregierung sei bemüht, mit dem nötigen Sensorium, mit der nötigen Sensibilität vorzugehen, damit die Wirtschaft bloß keinen Schaden erleide, beinhaltet angesichts solcher Versäumnisse meines Erachtens ein eklatantes Mißverhältnis, denn sie trifft jeden jungen Unternehmer, der etwas auf die Beine stellen will, mit Hohn und Nichtachtung.

Meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen! Ich gestatte mir abschließend, an Sie einen Appell zu richten: Begnügen Sie sich bitte nicht damit, hier im Abstand von drei, sechs oder neun Monaten – angesichts von Wahlen oder angesichts der Imagepflege – Regierungserklärungen abzugeben, sondern raffen Sie sich bitte endlich dazu auf, fünf Minuten vor zwölf in den wichtigen Integrationsfragen und in dem Aufholprozeß den Schnellgang einzulegen, damit Österreich nicht eines Tages einen wirklich irreparablen Schaden erleidet. – Ich danke Ihnen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

22.35

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Mag. Trattner. – Bitte, Herr Abgeordneter.

22.35

Abgeordneter Mag. Gilbert Trattner (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Heute vormittag hat Herr Professor Nowotny gesagt, daß die Freiheitlichen immer der EU die Schuld an allem geben. – Herr Professor Nowotny, das stimmt nicht! Wir Freiheitlichen geben der Bundesregierung die Schuld daran, daß sie nicht entsprechende Maßnahmen getroffen hat. Sie versuchen jedoch es so zu interpretieren, daß sich die Freiheitlichen auf das Niveau begeben, alles der EU in die Schuhe zu schieben. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Nowotny: Ich habe mich nur auf Ihre Rede bezogen!)


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