Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 40. Sitzung / Seite 56

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Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zum Wort gemeldet ist nun Frau Abgeordnete Silhavy. – Bitte, Frau Abgeordnete. Freiwillige Beschränkung: 10 Minuten.

14.17

Abgeordnete Heidrun Silhavy (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Kollege Haselsteiner, auf Ihre verfassungsrechtlichen Bedenken ist eigentlich Frau Präsidentin Hostasch in ihrem Debattenbeitrag schon eingegangen, und ich denke, die Kollegin Reitsamer hat auch in ihrem Beitrag bereits auf die Problematik der Abgrenzungsfragen bei den Werkvertragsregelungen hingewiesen und den politisch machbaren Kompromiß, der für eine Sozialversicherungsregelung notwendig ist, hier dargelegt, Herr Kollege Öllinger.

Faktum ist, daß immer mehr Menschen gezwungen sind, atypische Arbeitsverhältnisse anzunehmen, um überhaupt einen Job zu haben, weil die Wirtschaft ihnen keine typischen Dienstverhältnisse anbietet. Herr Kollege Haselsteiner! Man könnte genauso die soziale Verantwortung der Unternehmen hier einmal einfordern. (Beifall bei der SPÖ.)

Daß die Medien nicht auf der Seite einer sozialversicherungsrechtlichen Regelung stehen, verwundert nicht so sehr, kennt man doch die Arbeitsbedingungen vieler Mitarbeiter in dieser Branche. Im Jahr 1980 hat ein Handelsunternehmen bereits seine Filialleiter aufgefordert, Menschen für einige Stunden mit Werkvertrag zu beschäftigen. Der Filialleiter sollte sich überzeugen, daß diese – voraussichtlich überwiegend Frauen – mitversichert sind, daß sie, falls sie Kinder haben, jemanden haben, der die Kinder betreut, daß Wohnortnähe gegeben ist. Diese Frauen dürfen keine verbilligte Ware verkaufen, erhalten aber dafür ein Honorar.

Man sieht also, die Werkverträge schleichen sich schön langsam ein und verdrängen Dienstverhältnisse.

Die noch auf uns zukommende Problematik im Zusammenhang mit Telearbeit und Teleheimarbeit, die diese Situation noch drastisch verschärfen wird, möchte ich hier nur anreißen.

Wenn Kollege Kier diese Regelung heranzieht, um in seinem Debattenbeitrag wieder einmal Versicherungspflicht gegen Pflichtversicherung einzufordern, so darf ich ihn daran erinnern, daß diese Versicherungspflicht solche Eskapaden treibt, daß Menschen über 40 Jahren aufgefordert werden, die Versicherung zu wechseln, weil sie ein erhöhtes Versicherungsrisiko darstellen.

Ich bin sicher, daß wir hier keine endgültige Regelung gefunden haben, daß die Werkvertragsregelung nur ein erster Schritt sein kann. Es wäre ja auch denkbar, daß man zu einer Sozialversicherungsregelung kommt, wo alle Ausgaben, die im Zusammenhang mit einer Arbeitsleistung Dritter gegenüber der Finanz geltend gemacht werden, wie eben Löhne, Gehälter, Honorare und so weiter, als Basis für Sozialversicherungsbeiträge herangezogen werden. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich bin aber sicher, daß Bundesminister Hums mit der Intention, alle Erwerbseinkommen in gewissen Grenzen in die Pflichtversicherung einzubeziehen, den sozialpolitisch zukunftsorientierten richtigen Weg vorgibt.

Kollege Böhacker hat – vielleicht berufsbedingt – weniger die Interessen jener Menschen, die mit ihrer Arbeit nicht nur das tägliche Leben fristen müssen, sondern auch einer sozialen Absicherung bedürfen, im Sinn. Er denkt wohl eher unternehmenszentriert. Aber die Diktion des Abgeordneten Böhacker wie "Sondermüll" in seiner letzten Presseaussendung (Abg. Dr. Graf: Sie wissen nicht, was er denkt!), die heute zitierten Worte oder das von Abgeordneten Haupt geäußerte "Nachhängen einer Fiktion einer Solidargemeinschaft" können nur als menschenverachtend bezeichnet werden. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Graf: Sie wissen nicht, was Böhacker denkt!) Zu mir kommen jedenfalls junge Frauen, die liebend gerne ein Dienstverhältnis haben würden, und sie fragen sich heute schon, wie sie jemals zu einer sozialen Absicherung im Alter kommen werden.


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