Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 5. Sitzung / Seite 64

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15.04

Abgeordneter Mag. Johann-Ewald Stadler (Freiheitliche): Herr Präsident! Hohes Haus! Es ist schon interessant: Jedesmal wenn wir über Kontrolle bei den Kammern reden, kommen die Kämmerer hier heraus (Abg. Dr. Leiner: Wau, wau!) – aber auch bei jeder anderen Gelegenheit, bei der sie dann gestellt werden –, fühlen sich sofort ertappt und glauben, man hätte die Kammer schon grundsätzlich in Frage gestellt, und es kommt dann eine Menge an Argumenten dafür, daß die Kammern zu Recht existieren, und es wird gesagt, welche großartigen Leistungen sie erbringen und welche Daseinsberechtigung sie haben. Es hat ja bei dieser Debatte – bis heute jedenfalls – im Zusammenhang mit der Ausweitung der Kontrolle über die Kammern niemand je die Existenz der Kammern in Frage gestellt. Ich weiß nicht, welch schlechtes Gewissen die Debattenredner von Rot und Schwarz plagt, wenn sie herauskommen und glauben, sofort die Daseinsberechtigung der Kammern grundsätzlich argumentieren zu müssen.

Kollege Neugebauer hat überhaupt den Vogel abgeschossen. Er wollte uns tatsächlich weismachen, daß wir ahnungslosen Freiheitlichen nicht begreifen wollen, daß alle Welt sich darum reißt, ein Kammersystem mit Zwangsmitgliedschaft zu bekommen, wie es Österreich hat. Er könnte viel Geld verdienen, hat er gemeint, wenn er europaweit über dieses Zwangskammernsystem referieren würde. (Zwischenruf des Abg. Edler. ) Die anderen Europäer haben es von sich aus noch nicht begriffen, wie man eine Kammer schafft, und Kollege Neugebauer ist "bescheiden" genug, kein Geld damit verdienen zu wollen, den Europäern das Zwangskammernsystem Österreichs mit der Zweiteilung der Macht in Rot und Schwarz näherzubringen. In dieser "Bescheidenheit" beschränkt er sich darauf, uns im Hohen Haus glauben machen zu wollen, wie sich Europa um unser System reißt.

Meine Damen und Herren! Wenn Europa unser System übernehmen wollte, hätte es dies längst getan. Aber derzeit machen wir uns auf europäischer Ebene lächerlich, Herr Kollege Neugebauer. Wir sind der Treppenwitz in Brüssel mit dem Zwangskammernsystem, mit dem rot-schwarzen Proporz. Und Sie stellen das hier so dar, als wolle es Europa übernehmen. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Sie sind offensichtlich nicht Manns genug zu erkennen, daß Sie mit Ihrem "Kämmerer"-System Österreich in Brüssel derzeit lächerlich machen. Meine Damen und Herren! Diesen Proporz, den Sie hier verteidigt haben, will in Wirklichkeit niemand in Europa. (Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP.) Sie, Herr Kollege Neugebauer, sind der einzige, der noch glaubt, Europa damit beglücken zu müssen.

Meine Damen und Herren! Weiters – und da wird es besonders skurril – kommt Kollege Kräuter – Kräuter, glaube ich, heißt er; nomen est omen – heraus und argumentiert die Debatte des Verfassungsausschusses, weil er ... (Abg. Schwemlein: "Tiefgang" wie eine Daunenfeder!) Ja, das ist Schwemlein. Ich habe nicht die "Schwämmlein", ich habe die "Kräuter" gemeint. Kollege Kräuter argumentiert also die Debatte des Verfassungsausschusses und beweist durch seine Darlegungen lediglich, daß er ein intellektuelles Problem hatte, dieser Debatte im Verfassungsausschuß zu folgen und sie letztlich im Ergebnis zu begreifen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Kollege Kräuter! Wenn Sie angesichts dieser Debatte sagen, die Freiheitlichen würden gegen die Arbeitnehmerinteressen kämpfen und wären deswegen für die Ausweitung der Kontrolle des Rechnungshofes, daran sehe man wieder, wie die Freiheitlichen gegen den "kleinen" Mann, gegen den Arbeitnehmer seien, dann haben Sie offensichtlich eindimensional die Kammern der Arbeitnehmer vor Augen. (Zwischenruf des Abg. Dr. Kräuter. ) Eine andere Kammer glauben Sie von diesem Gesetz nicht erfaßt zu sehen.

Sie haben vergessen, daß die Rechtsanwaltskammer, die Apothekerkammer – darin sitzen wahrscheinlich alle "kleinen" Leute der Sozialdemokraten –, die Wirtschaftskammern, die Landwirtschaftskammern – glauben Sie mir, darin haben Sie fast gar nichts mitzureden, darin reden nur die Schwarzen –, die Kammern der sonstigen freien Berufe, der Notare et cetera, daß alle diese Kammern von dieser Regelung erfaßt sind, nicht nur die Arbeiterkammern.

Meine Damen und Herren! Diese Kammern vertreten in aller Regel nicht den "kleinen" Arbeitnehmer, der derzeit um seinen Arbeitsplatz bangen muß, weil ihn eine sozialistische


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