Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 52. Sitzung / Seite 30

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um die Österreicher darüber aufzuklären, daß die Neutralität heute eine Fiktion ist und keinerlei sicherheitspolitische Relevanz mehr besitzt?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Herr Abgeordneter, ich versuche seit geraumer Zeit, Bewußtsein dafür zu schaffen, daß das in Österreich notwendig ist. Ich würde mich sehr freuen, wenn ich auch von Ihrer Seite entsprechende Unterstützung bekäme. Ich werde Ihnen gerne alle Veröffentlichungen, die zu diesem Thema von mir oder über meine Aussagen erfolgt sind, zukommen lassen, um Ihre eigene Aussagekraft auf diesem Gebiet wesentlich zu stärken. (Beifall bei der ÖVP.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage: Herr Abgeordneter Tychtl.

Abgeordneter Ing. Gerald Tychtl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Wir haben jetzt einige Aussagen von Ihnen zur Sicherheitsfrage in Europa selbst gehört. Ich darf an Sie die Frage richten, ob Sie auch dafür eintreten, daß sich Österreich bei Teilnahme an einem Sicherheitssystem von Fall zu Fall das Recht vorbehalten können muß , an gemeinsamen Aktionen teilzunehmen oder nicht?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Das ist für mich ein wesentlicher Bestandteil aller Sicherheitssysteme, die vorliegen. Sie werden vielleicht, wenn Sie die bisherigen Aktivitäten durchsehen, erkennen können, daß es bis jetzt im Bereich der NATO noch keine einzige Aktivität gegeben hat, an der alle NATO-Mitglieder teilgenommen haben, sondern selbstverständlich ist es letztendlich immer das Recht des jeweiligen Staates, darüber zu verfügen, ob er seine eigene Truppen zu einem bestimmten Einsatz entsendet oder nicht. Das wird sich auf Sicht gesehen wahrscheinlich auch kein Staat nehmen lassen, und dazu stehe ich voll und ganz.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Abgeordneter Scheibner, bitte.

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Herr Bundesminister! Sie haben jetzt die NATO als wichtiges Sicherheitsinstrument in Europa gelobt und auch die Wichtigkeit betont, daß Österreich am Aufbau eines derartigen Sicherheitssystems mitarbeitet. Tatsache ist aber, daß Österreich als Beobachter keine Möglichkeit der Mitarbeit hat, während Staaten wie Albanien, ja selbst Rußland durch Assoziierungsstatus in diese Entwicklungen eingebunden sind.

Warum, Herr Bundesminister, haben Sie als verantwortlicher Ressortminister und auch der Außenminister, der ja Ihrer Partei angehört, es bisher nicht geschafft und nicht verlangt, daß Österreich als Vollmitglied in die Organisationen NATO und WEU eingebunden ist und damit aktiv am Aufbau einer europäischen Friedensordnung mitarbeiten kann?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Deshalb, weil politische Prozesse, besonders dann, wenn sie grundlegende Entscheidungen eines Staates betreffen und möglicherweise auch verfassungsändernden Charakter haben können, eine breite Meinung hinter sich haben müssen. Es muß daher zweifellos unser aller Ziel sein, darüber einen Diskussionsprozeß nicht nur in Gang zu halten, sondern auch weiter zu verstärken, der die österreichische Bevölkerung darauf aufmerksam macht, daß sich das sicherheitspolitische Umfeld so wesentlich geändert hat, daß wir unsere sicherheitspolitischen Interessen in Zukunft nur dann werden voll und ganz wahrnehmen können, wenn wir auch als Vollmitglied in internationalen Sicherheitsorganisationen tätig sind und damit die Möglichkeit haben, von allem Anfang an am Entscheidungs- und Vorbereitungsprozeß teilzunehmen.

Ich möchte an dieser Stelle noch einmal betonen, für wie wichtig ich das halte, denn wenn Österreich etwa bereits Ende der achtziger Jahre – was allerdings aufgrund des Andauerns des


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