Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 53. Sitzung / Seite 94

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Die Mobber dagegen sind daran erkennbar, daß sie in einem Konflikt bei der Abwägung verschiedener Verhaltensweisen stets die aggressivere wählen. Sie sorgen aktiv für das Eskalieren und Fortführen von Konflikten, sie zeigen in der Regel kein Schuldbewußtsein, sondern sind im Gegenteil von ihrer Schuldlosigkeit überzeugt und suchen die Schuld ausschließlich beim Mobbingopfer. – Es gäbe sehr viele Beispiele hiefür; ich kann sie aus Zeitgründen nicht erwähnen.

Wenn in einem Betrieb Mobbing betrieben wird, so hat das natürlich auch betriebswirtschaftliche Auswirkungen. Hier sollten vor allem die Dienstgeber ansetzen, denn eine Studie in den Vereinigten Staaten stellte fest, daß Arbeitnehmer im Durchschnitt 40 Prozent ihrer Energie während des Arbeitsprozesses darauf verwenden, sich gegen feindselige Aggressionen anderer zu verteidigen. Wenn in einem Betrieb eine Mobbingsituation herrscht – manchmal gehört es allerdings auch zur Strategie der Unternehmensleitung, den Konkurrenzkampf der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bewußt zu nutzen und zu schüren, in der Hoffnung, dadurch eine Mehrleistung der Mitarbeiter zu provozieren –, entsteht ein äußerst ungünstiges Arbeitsklima, eine der Tierwelt nachgebildete Hackordnung, in der festgelegt wird, wem gegenüber man zu buckeln hat und wen man ungestraft treten kann.

Zur Konfliktlösung gibt es bereits ein Buch von Henry Walter mit dem Titel "Mobbing – Kleinkrieg am Arbeitsplatz". Es gibt diesbezüglich von der Gewerkschaft der Privatangestellten auch Unterstützung für die Betriebsräte in Form von Erstberatung sowie entsprechendes Informationsmaterial.

Abschließend, meine Damen und Herren: Um das Phänomen Mobbing grundsätzlich zu vermeiden oder nach einer überstandenen Konfliktphase ein neues, tragfähiges Betriebsklima zu schaffen, ist eine neue Streitkultur im Betrieb einzuführen. Eine Unternehmenskultur, in der laut gedacht und geredet wird, ist das beste Frühwarnsystem gegen Mobbing.

Uns Sozialdemokraten ist der Schutz der Arbeitnehmer auch in Bereichen, die bis jetzt noch nicht gesetzlich geregelt sind, immer ein besonders Anliegen, denn bei uns kommt der Mensch zuerst. (Beifall bei der SPÖ.)

14.38

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Die nächste Wortmeldung liegt vor von Herrn Abgeordneten Dr. Kier. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.38

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kollege Dietachmayr hat mir geradezu die perfekte Chance für dialogischen Parlamentarismus gegeben. Ich möchte nämlich auf das, was er am Ende seiner Rede ausgeführt hat, dann gerne auch noch ausdrücklich eingehen, vorweg allerdings ein paar grundsätzliche Anmerkungen zum Regelungskreis machen, mit dem wir uns heute in Form einer Novelle beschäftigen.

Daß es diese Novelle gibt, ist leider einer von vielen anderen Beweisen dafür, daß das Gesetz mißlungen ist. Zur Tiefe dieses Mißlingens wird sich mein Kollege Helmut Peter noch qualifiziert äußern. Ich möchte hier kurz die strukturellen Fehler beleuchten.

Es ist der notwendigerweise mißlungene Versuch, durch taxative Regelungen Arbeitnehmerschutz herzustellen, und es ist bedauerlicherweise nicht der Ansatz gewählt worden, das durch grundsätzliche Regelungen zu schaffen, durch Regelungen, die auch ein Selbststeuerungselement enthalten. Daher – das ist jetzt mein erster Rückbezug auf Kollegen Dietachmayr – ist der Satz nur zu wahr, daß nicht alles, was Mitarbeiter schädigen kann, gesetzlich geregelt werden kann. Das ist nur zu wahr!

Aber in diesem Gesetz hier – und das ist ja auch der Grund für die Novelle – ist eine Methode gewählt worden, die notwendigerweise mißlingen muß. Die wirklich zentralen Ansätze für Arbeitnehmerschutz sind nicht im Visier des Gesetzgebers geblieben, nämlich die Frage: Wie halten wir es mit unseren Betriebsstätten und den Betriebsanlagen? – Das ist nämlich der


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