Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 55. Sitzung / Seite 40

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unter dem Einfluß des Landes, dann stimmen Sie diesem Antrag und den beiden von Herrn Abgeordneten Kier noch vorzubringenden Gesetzesinitiativen zu. – Ich danke Ihnen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

15.36

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Entschließungsantrag, der soeben verlesen wurde, trägt eine ausreichende Zahl von Unterschriften und steht daher mit in Verhandlung.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Khol. Er spricht 15 Minuten.

15.36

Abgeordneter Dr. Andreas Khol (ÖVP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Kollege Haselsteiner! Wenn Sie manches von dem, was Sie vorhin richtig ausgeführt haben über die Effekte der Verstaatlichung und die Effekte der Privatisierung von Creditanstalt und Bank Austria, schon vor der Entscheidung gesagt hätten, wäre ich Ihnen sogar dankbar gewesen. (Beifall bei der ÖVP.) Daß Sie es erst jetzt sagen, ist etwas spät. (Abg. Dr. Haselsteiner: Hätten Sie nachlesen können!)

Meine Damen und Herren! Wir haben diese Sondersitzung heute einberufen, und viele Bürger verstehen nicht, warum wir wegen einer Entscheidung über eine Bank 183 Abgeordnete in den Nationalrat rufen (Abg. Wabl: Schon entschieden! – Abg. Schaffenrath: Das versteht ja niemand!) und warum wir wegen dieser einen Frage so lange diskutieren, daß sogar von manchen Seiten die Koalition in Frage gestellt wurde. (Abg. Dr. Petrovic: Von Ihnen!)

Meine Damen und Herren! Für uns ist die Zukunft von Tausenden von Mitarbeitern der Creditanstalt Bankverein, einer 142jährigen Traditionsbank, und eines Wirtschaftsimperiums mit über 50 000 Mitarbeitern eine so wesentliche Frage, Herr Bundeskanzler, daß wir sie nicht am Parlament vorbeigehen lassen wollen, sondern hier im Parlament mit den Nationalräten diskutieren wollen. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich möchte daran erinnern, wie plötzlich, aus heiterem Himmel, das Anbot der Bank Austria zum Erwerb der Creditanstalt über die "Kronen Zeitung" ins Bewußtsein der Menschen kam (Abg. Ing. Langthaler: "Kronen Zeitung"!), der Menschen, die am 25. November gelesen haben, was der Generaldirektor der Bank Austria noch 14 Tage vorher sagte: "Was, die Bank Austria bewirbt sich um die Creditanstalt? Das ist doch ein Faschingsscherz!"

Als wir hörten, daß eine Rückverstaatlichung geplant ist – das heißt, daß die Creditanstalt von einer im Eigentum des Landes Wien, der Gemeinde Wien stehenden Bank übernommen werden soll –, haben bei uns alle Alarmglocken geschellt. (Abg. Ing. Langthaler: Geläutet!) Da ist es um eine schwere, wichtige und große wirtschaftspolitische Entscheidung gegangen, die plötzlich in einer Weise getroffen werden sollte, wie sie im Regierungsübereinkommen nicht festgelegt war. Wir stehen auf dem Boden dieses Regierungsübereinkommens! (Beifall bei der ÖVP.)

Ich glaube, es wird jeder in dieser Republik verstehen, daß man ein so großes Wirtschaftsgebilde wie die Creditanstalt mit ihren Tausenden Mitarbeitern, zusammen mit der Bank Austria mit ihren Tausenden Mitarbeitern, aus dem Einfluß des Staates herausnehmen und dem Griff der politischen Parteien entziehen will.

Nach den Erfahrungen, die wir mit der Arbeitsplatz- und Kapitalvernichtung im "Konsum" und mit der verstaatlichten Industrie in den siebziger Jahren gemacht haben – wir zahlen heute noch an den Schulden, die wir damals gemacht haben (Abg. Koppler: Der hat überhaupt keine Ahnung!) –, kann dies doch nicht am Parlament vorübergehen. Eine so wichtige Entscheidung über 50 000 fleißige Österreicherinnen und Österreicher: am Regierungsübereinkommen und am Parlament vorbei. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Die Sondersitzung hat bereits bewirkt, was sie bewirken sollte. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Die Entscheidung über die Creditanstalt ist getroffen worden: Die Creditanstalt ist an eine andere Bank Austria verkauft worden, als die, die noch vor einem Monat


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