Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 62. Sitzung / Seite 46

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regierung wenigstens manchmal etwas abschreiben würde. Der Entschließungsantrag richtet sich auf die Ermöglichung von Teilzeitarbeitsmodellen. Er lautet:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Kier, Haselsteiner, Motter und PartnerInnen betreffend Flexibilisierung der Arbeitsformen und Erleichterung des Zugangs zur Teilzeitarbeit

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat umgehend einen exakten Zeitplan für die von der Regierung beabsichtigten Maßnahmen zur Verwirklichung nachstehender Ziele vorzulegen:

Ermöglichung von Arbeitszeitmodellen, die Raum lassen für individuelle und Teilzeit-Lösungen,

Öffnung der Bestimmungen des Arbeitslosenversicherungsgesetzes für die Möglichkeit eines Zusatz- und Zwischenverdienstes während der Arbeitslosigkeit vorsehen."

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Eine Fußnote dazu – das ist ein Ceterum censeo meiner Fraktion –: Das ist das sogenannte Schweizer Modell, das es erlaubt, neben dem Arbeitslosengeld schrittweise etwas dazuzuverdienen, ohne daß dieses sofort verfällt. Die Schweiz ist wohl frei von jedem Verdacht, daß sie das aus Sozialromantik macht. Es gibt aber auch dort humanitäre und liberale Menschen. Ich sage Ihnen: Wenn wir diesen Ansatz nicht wählen, werden wir das Problem Arbeitslosigkeit nicht lösen, dann werden wir immer Menschen haben, die voll beschäftigt sind, und Menschen, die voll arbeitslos sind.

Meine Damen und Herren! Wir müssen die Übergänge lebbar machen, wie wir uns überhaupt darum bemühen müssen, endlich von der antiquierten Philosophie der Zwangsverkoppelung der sozialen Sicherheit mit der Arbeitswelt wegzukommen. Wir müssen wegkommen davon, daß die Menschenwürde davon abhängt, ob man vorher gearbeitet hat. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Meine Damen und Herren! Ich könnte an dieser Stelle Dahrendorf zitieren, aber ich sage es mit meinen eigenen Worten und ganz bewußt: Es wurden in vielen, vielen Jahrzehnten Grundrechte, Menschenrechte und Bürgerrechte erkämpft, und wir schauen jetzt tatenlos zu, wie sich ein Drittel unserer Bevölkerung in einer Zone bewegt, in welcher sie aus materiellen Gründen diese Grundrechte nicht mehr wahrnehmen kann, in welcher die Freiheit deswegen verschwindet, weil die Existenzangst versklavt. Und man ist dann versklavt, wenn man in entscheidenden Augenblicken seines Lebens nicht nein sagen kann, wenn man nicht nein sagen kann zu einer unzumutbaren Arbeit, wenn man nicht nein sagen kann zu einem Ansinnen, das eigentlich erpresserisch ist, aber dem man nicht ausweichen kann. Doch dazu brauchen wir ein soziales System, das entkoppelt.

In einem Punkt bin ich da ganz der Meinung des Kollegen Verzetnitsch: Auch ich glaube nicht, daß die Menschen nur dann arbeiten, wenn wir sie mit der großen Ochsenpeitsche hintreiben. Ich bin fest davon überzeugt, daß Menschen auch aus anderen Gründen arbeiten, daß soziale Gründe dafür sprechen, daß gesellschaftliche Gründe dafür sprechen, auch Gründe der Selbstverwirklichung, die nicht überall in der Arbeitswelt möglich ist, das weiß ich schon. Ich bin mir dessen bewußt, daß monotone und gleichförmige Arbeiten nicht der Selbstverwirklichung per se dienen. Aber die Möglichkeit, sich weiterzuentwickeln, muß auch ausgebaut werden, und zwar durch Fort- und Weiterbildung.

Meine Damen und Herren! Es ist auf die menschlichen Ressourcen unseres Landes schon hingewiesen worden. Nur die Menschen in unserem Land und ihre bestmögliche Ausbildung sind unsere echten Startchancen. Weil sehr viel von Harmonisierung gesprochen wurde – auch Kollege Haider hat sie gelegentlich angesprochen –, möchte ich folgendes sagen: Herr Kollege


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