Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 77. Sitzung / Seite 204

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In diesem Sinne, meine sehr verehrten Damen und Herren, begrüße ich diesen Schritt der Bundesregierung, auf dem wir weiter aufbauen sollten. Das ist sehr wichtig für unsere Jugend! – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Gaugg: In sechs Monaten reden wir wieder über dieses Thema!)

20.13

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Peter. Keine freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

20.13

Abgeordneter Mag. Helmut Peter (Liberales Forum): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Meine Damen und Herren – ein paar sehe ich noch. (Abg. Dr. Pumberger – auf leere Bankreihen deutend –: Wo sind die alle?) Die Lehrlingsausbildung, die duale Ausbildung in Österreich ist eine einzige Erfolgsstory, und zwar bis zum Jahre 1992, danach kam es zu einer Bruchlinie. (Abg. Dr. Pumberger: Richtig!) Wer die Ziffern extrapoliert hätte – also das Sinken der Zahl der Lehrstellen, die angeboten werden, und das Anwachsen der Zahl der Lehrstellen, die nachgefragt werden –, wer also politisch rechtzeitig gehandelt hätte, hätte im Jahre 1992, spätestens 1993 beginnen müssen, zu reagieren. Sie reagieren jetzt, im Jahre 1997, wo wirklich Feuer auf dem Dach ist, weil in drei Wochen die Schulen schließen und eine Menge junger Menschen auf der Straße zu stehen drohen.

Wir haben Ihnen durch viele Jahre hindurch immer wieder gesagt, daß die duale Ausbildung durch Bürokratisierung, durch sozial- und arbeitsrechtliche Vorschriften, die zu einer Kriminalisierung der Lehrbetriebe führen, überfrachtet wird. Wir haben Sie darauf hingewiesen, daß die Kosten der Ausbildung so hoch gestiegen sind, daß ein zunehmendes Maß an Lehrbetrieben –so warnten wir Sie bereits vor zwei, drei Jahren –aus der Lehrlingsausbildung ausscheiden würde. Wir haben Ihnen oft hier im Parlament in Bildungsdebatten gesagt, daß die Grundschule, die Pflichtschule in zunehmendem Maße nicht mehr in der Lage ist, die jungen Menschen so gut auszubilden, daß sie überhaupt in der Lage sind, einen Lehrberuf in einem Betrieb zu erlernen und auch die Berufsschule zu bestehen. Wir haben Sie davor gewarnt, die Lehrherren pauschal zu beschuldigen, zu diskriminieren und sie kollektiv so hinzustellen, als wären sie alle nur Ausbeuter an den jungen Menschen.

Meine Damen und Herren von den Koalitionsparteien! Jetzt bekommen Sie die Rechnung dafür präsentiert. Es ist eine traurige Rechnung auf dem Rücken der jungen Leute. Das muß betroffen machen! Es ist traurig, daß die Zahl der Lehrbetriebe einbricht und die jungen Leute keine Lehrstellen mehr finden. Jetzt, fünf vor zwölf, fällt Ihnen ein, daß Sie ganz schnell etwas tun müssen! Ich konzediere Ihnen, daß das, was Sie tun, punktuelle Reformen sind, von denen ohne Zweifel keine einzige schadet. Sie werden alle ein bißchen nützen; aber eben nur ein bißchen, weil Sie weder in der Lage noch bereit sind, den Schritt zu tun, den wir Liberale Ihnen vorgeschlagen haben, nämlich die Lehre völlig zu reformieren, indem Sie die Berufsschulzeit und die Lehrzeit trennen und ein neues Modell mit verlängerten Berufsschulzeiten und besseren Berufsschulen einsetzen.

Herr Kollege Öllinger von den Grünen – wir verhandeln ja auch seinen miterledigten Antrag über Maßnahmen zur Verbesserung der Lehrlingsausbildung; ich sehe ihn hinter der Glastür, ein kluger Mann – hat am 18. Februar 1997 einen Entschließungsantrag eingebracht, den ich in seiner Widersprüchlichkeit nicht verstehen kann. Er zitiert zuerst eine Studie, bei der letztlich herauskommt, daß in Wirklichkeit die Lehrlingsausbildung das größte Geschäft ist. Nachdem er das festgestellt hat, meint er, daß immer weniger Lehrlinge ausgebildet werden und die Anzahl der Lehrstellen sinkt, um dann festzustellen, daß offensichtlich alle Lehrbetriebe – ich sage es jetzt ganz salopp – vom wilden Affen gebissen worden sind, weil sie dieses Riesengeschäft der Lehrlingsausbildung nicht begreifen und keine Lehrlinge mehr ausbilden. – Lieber Herr Kollege Öllinger! Das ist eine Logik, zu der ich nur sagen kann: Schau, schau, schau!

Wie die Zauberlehrlinge haben Sie an der dualen Ausbildung so lange bürokratisch herumreformiert, bis die Betriebe gesagt haben: Wir können nicht mehr, wir schaffen es nicht mehr! Gott sei Dank gibt es noch viele Betriebe, die es trotzdem tun, weil sie Verantwortung für


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