Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 83. Sitzung / Seite 97

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14.33

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Es ist dies schon eine merkwürdige Debatte zwischen der neuen NATO und der neuen Nachdenklichkeit, eine merkwürdige Mischdebatte zwischen am Rande vorgebrachten Äußerungen zur mittlerweile so genannten "Causa prima" und einer außenpolitischen Debatte über den Außenpolitischen Bericht: Kritik von seiten der Opposition, umso heftigere, euphorischere Zustimmung von seiten der Regierungsparteien.

Zur Außenpolitik: Dem Bericht selbst habe ich, denke ich, nicht mehr sehr viel hinzuzufügen. Daß die NATO-Debatte und das Wesen dieses Militärpaktes nicht so neu ist und daß Ihre Linie der Aufweichung der Neutralität unerträglich ist, dazu wurde genug gesagt. Meine Kollegin Pollet-Kammerlander hat das sehr eindrucksvoll getan.

In Sachen der Fehlinformation dieses Hauses durch Sie, Herr Außenminister, hat Frau Dr. Schmidt gesprochen. In Sachen Kurdenmorde, in Sachen der eklatanten Widersprüche zwischen Ihren Aussagen und dem Bericht des Innenministers hat eine Fehlinformation des Hohen Hauses stattgefunden. Hier wurde die Unwahrheit gesagt.

Herr Bundesminister! Ich komme einmal mehr auf die "Causa prima" zurück – nicht, um Sie zu verletzen, sondern deswegen, weil ich es Ihnen, weil ich es uns und weil ich es diesem Lande nicht ersparen kann. Ich will keine Mischdebatte führen, sondern ich konzentriere mich auf die Auswirkungen dieses Ihres Auftretens in Amsterdam und der Konsequenzen.

Herr Bundesminister! Was wir seither erleben, auch bei der sozialdemokratischen Fraktion, ist derzeit Gegenstand aller innenpolitischen Kommentare und auch Gegenstand der Berichterstattung ausländischer Medien. Und was in der Nacht auf gestern im Rahmen der Abstimmung über die Promillegrenze passiert ist, steht im Zusammenhang mit den Nachwirkungen von Amsterdam.

Was Kanzler Klima im Zusammenhang mit den von renommierten Journalisten behaupteten Verbalinjurien Ihrerseits jetzt tut, ist ganz klar: Er wartet ab, er äußert sich nicht zur "Causa prima", aber das Ganze erfolgt nicht deshalb, Herr Vizekanzler, um Sie zu unterstützen, das erfolgt auch nicht, um diese Affäre in der Bedeutung herabzuspielen, sondern es folgt einem klaren Kalkül der sozialdemokratischen Fraktion, einem klaren Kalkül des Kanzlers: Jeder Tag mehr schadet der ÖVP. – Sie wissen es, Herr Vizekanzler, Sie kennen die Statistiken, Sie kennen die Abwärtsbewegung Ihrer Partei. Jeder Tag mehr nützt den Sozialdemokraten – ohne daß sie eine sachpolitisch positive Bilanz vorweisen müssen, einfach so! Das ist das Kalkül des Kanzlers – nicht die große Verbrüderung, nicht das Verständnis von Mann zu Mann, auf das Sie sich so gerne berufen, Herr Vizekanzler! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Koppler: Eine unerhörte Rede, die Sie halten! – Abg. Mag. Kukacka: Das ist wirklich übel! )

Ich weiß schon, daß es in diesem Lande nicht üblich ist, einmal Tacheles zu reden, daß es nicht üblich ist, diese Tabus zu brechen. Ich mache es aber – weil der Zustand mittlerweile absolut unerträglich geworden ist, meine Damen und Herren! (Abg. Schwarzenberger: Auch Sie sind unerträglich!)

Die "Neue Zürcher Zeitung" findet klare Worte und erkennt auch die Zusammenhänge. Heutige Ausgabe: "Der Bundesobmann der ÖVP Schüssel braucht derzeit die Nachsicht des Koalitionspartners. Der Außenminister vermag den Verdacht nicht abzuschütteln, sich unflätig über ausländische Persönlichkeiten ausgelassen zu haben. Die SPÖ hält zu ihm, wenn auch nur knapp, sichtlich ohne Wärme. Derlei hat seinen Preis auf beiden Seiten. Die ÖVP stimmte mit den Freiheitlichen die SPÖ nieder. Der ,koalitionsfreie Raum‘ war eigentlich dazu gedacht, verbotene Spiele namens ,bürgerliche Mehrheit‘ vorübergehend straffrei zu machen. Nach dieser Nacht wird die Neigung der Koalitionsparteien eher gestiegen sein, einander das eine oder andere bei Gelegenheit heimzuzahlen. Daß die Regierungsarbeit davon profitiert, ist nicht anzunehmen."

Die "Causa prima" schlägt massiv auf die innenpolitische Handlungsfähigkeit durch. Herr Außenminister! Ihre außenpolitische Handlungsunfähigkeit beeinflußt die Handlungsfähigkeit im Inland, und das massiv!


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