Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 89. Sitzung / Seite 60

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13.15

Abgeordneter Rudolf Schwarzböck (ÖVP): Herr Präsident! Verehrter Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Unsere Zeit ist von tiefgreifenden internationalen, globalen Strukturveränderungen geprägt. Viele dieser Strukturveränderungen verunsichern unsere Mitbürger, führen in manchen Bereichen sogar zu Angst. Es ist interessant, daß in den letzten Stunden hier zum finanzpolitischen Rahmenwerk, wie wir aus der Sicht der Republik Österreich mit diesen Strukturveränderungen und Strukturreformen fertig werden wollen, eine Debatte abläuft, in der die Oppositionsparteien im Grunde genommen für fast alle Bereiche übereinstimmend eine Beschleunigung der Strukturreformen von der Regierung fordern, aber gleichzeitig dann, wenn wir reformieren, zu den Menschen gehen und ihnen im Zusammenhang mit diesen Reformen Angst machen. Ratio, Ehrlichkeit und objektive Gesinnung sind damit in der politischen Analyse schwer vereinbar. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte Ihnen das anhand einiger Beispiele augenscheinlich darlegen.

Es ist unbestreitbar, daß der EU-Beitritt Österreichs Strukturreformen beschleunigt, in vielen Fällen sogar erzwingt. (Ruf bei den Freiheitlichen: Unter anderem!) Die Redner der FPÖ möchten tiefgreifendere Strukturreformen durchgeführt haben, haben zur EU aber einen ablehnenden Standpunkt eingenommen, beziehungsweise es war ihnen der Beitritt zu früh, oder sie wollten ihn nicht in dieser Form. Es ist wohl völlig logisch, daß wir diese Strukturreformen, zu denen sich die Regierungsparteien und die Bundesregierung bekennen, leichter lösen, wenn wir ein gesamthaft berechenbareres System haben, zu dem auch die europäische Währung gehört.

Ihre Antwort auf die Zielsetzungen der österreichischen Bundesregierung, nämlich daß Österreich schon im ersten Block an der Europäischen Währungsunion teilnehmen soll, ist: Kein Euro! Zu früh! Nicht in dieser Form! (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Ich könnte noch weitere Beispiele aufzählen, wie etwa: Kollege Schreiner beispielsweise stellt sich als Steuerfachmann, als Wirtschaftstreuhänder und Steuerberater hier her und sagt: Ziel der FPÖ, besonders aus seiner beruflichen Sicht, muß es sein, daß eine Politik, die den Unternehmer im Auge hat, dem Unternehmer in der Steuergesetzgebung fünf Jahre Vorlaufzeit läßt, sich auf die Gesetzgebung einzustellen. – Okay, meine Damen und Herren! Nur: Sie müssen sagen, wie Sie sich das vorstellen, Strukturreformen noch schneller umzusetzen, während Sie in der Steuergesetzgebung dann fünfjährige Vorlaufzeiten haben wollen. (Abg. Böhacker: Das haben wir nicht gesagt! Wir wollen eine bessere Berechenbarkeit im Steuerbereich!)  – Ja, die wollen wir alle, aber dann auch mit klaren Konsequenzen. Dann behaupten Sie nicht überall, daß alles viel zu langsam, zu behaglich und viel zu rücksichtsvoll abläuft! (Anhaltende Zwischenrufe des Abg. Böhacker. ) Sie wollen klare schnelle Strukturreformen. Dann bekennen Sie sich auch zu den Konsequenzen, die damit verbunden sind! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Böhacker: Sie sind unehrlich!)

Das ist demokratisch legitim! Sie wollen es, also warum leugnen Sie die Konsequenzen, die daraus entstehen?

Der Erstredner der Liberalen, Kollege Haselsteiner, zitiert Robert Menasse aus einem bemerkenswerten Artikel des "Standard" über die Haltung des Bundeskanzlers zur Rolle der Sozialpartner. Robert Menasse kommt zur Ansicht, der Kanzler sollte mit einer kränklichen Sozialpartnerschaft aufräumen. – Es ist ebenfalls demokratisch legitim, daß sich ein kritischer Schriftsteller zu einer derartigen Meinung durchringt. Ich teile sie nicht. Sie werden sich nicht darüber wundern: Als Vertreter der Sozialpartner bekenne ich mich zu Reformen, aber nicht zu dieser Ansicht! (Anhaltende Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Daß Kollege Haselsteiner sagt, der Bundeskanzler möge mit den Sozialpartnern, mit diesem kranken Roß Österreichs, aufräumen, kann nur zu dieser Antwort führen: Das LIF als kränkelnder Keimling möge sich doch um die Gesundung eines Säuglings oder eines Embryos bemühen und nicht um das kranke Roß, das in seiner Krankheit – wie Sie meinen – noch zigmal mehr bewegt, als das LIF jemals bewegen wird beziehungsweise zu seinen Reformvorstellungen von


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