Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 89. Sitzung / Seite 75

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Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist weiters Herr Abgeordneter Dr. Heindl. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. – Bitte.

14.25

Abgeordneter Dr. Kurt Heindl (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wie schon vorige Woche war es auch heute wieder: Wenn man den Rednern der Oppositionsparteien zuhört, dann hat man den Eindruck, daß es unserer Wirtschaft denkbar schlecht geht. Ich habe ja grundsätzlich Verständnis dafür, Herr Kollege Gaugg, wenn die Opposition Kritik übt. Dazu ist eine Opposition da, daß sie sich kritisch mit der Regierung auseinandersetzt. Was ich aber nicht verstehe, ist, daß man es nicht wirklich in Form einer Sachdiskussion tut.

Ich habe mit großem Interesse mitverfolgt, wie Sie den Ausführungen des Finanzministers zu Ihrer Kritik zugehört haben. Ich habe mir gedacht: Super! – Das meine ich jetzt wirklich nicht zynisch, ich meine das ehrlich. – Ich habe mir gedacht, jetzt wird es eine Auseinandersetzung geben über die diversen Sachaussagen. Weit gefehlt! Kollege Böhacker wirft zwar Kollegen Nowotny die "Seite eins" vor, aber Sie beziehen sich auch immer wieder nur auf diese Seite. Sie gehen nicht ein auf Dinge ... (Abg. Böhacker: Der Herr Finanzminister hat gesagt, wir haben im Ausschuß genügend Zeit!) Herr Kollege Böhacker, die Zeit rennt mir davon. Ist schon gut. Haben wir ja.

Meine Damen und Herren! Ich bin wirklich weit davon entfernt, Schönfärberei zu betreiben, nur sollte man die einzelnen Dinge im Gesamtzusammenhang diskutieren. Ich bin bei manchen Dingen, die Sie kritisieren, durchaus bereit, mit Ihnen zu diskutieren. Aber nur zu kritisieren und den Gesamtzusammenhang nicht zu beachten, das ist nicht nur unfair gegenüber den Diskussionspartnern, sondern vor allem unfair gegenüber dem Land. Denn, meine Damen und Herren, wenn wir über den Wirtschaftsstandort Österreich diskutieren, wenn wir unsere wirtschaftliche und soziale Position herausstellen, dann soll man das doch in einer fairen Weise machen. Eine Diskussion, wie Sie sie führen, bringt nämlich nichts, sondern schadet nur unserem Gesamtbild. Diese Diskussion, wie Sie sie immer wieder versuchen zu führen, schadet der Wirtschaftssituation und schadet letztlich dem Land. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich sage Ihnen ein Beispiel. Sie tun so, als seien gewisse harte Maßnahmen in den letzten zwei Jahren nur aus Jux und Tollerei gesetzt worden. Sie sagen aber nicht, was die Ursachen waren, die diese Maßnahmen notwendig haben werden lassen. Kein Wort habe ich heute gehört, meine Damen und Herren, mit welch atemberaubenden Änderungen Europa und Österreich in den letzten Jahren fertig werden mußten. Sie reden nicht von der Entwicklung der Globalisierung. Sie reden nicht davon, daß in unserer unmittelbaren Nachbarschaft neue Staaten entstanden sind. Sie reden nicht davon, daß es die Grenzöffnung zum Osten gibt. Sie reden nicht davon, daß es den COMECON nicht mehr gibt. Sie reden nicht davon, daß es eine NAFTA gibt. Sie tun so, als wären wir in einer politischen Situation wie vor zehn Jahren, und was wir da machen, na gut, das passiert halt, weil wir eine Jux- und Tollerei-Politik machen. – Das ist nicht fair, meine Damen und Herren, aber nicht wegen der Regierung oder wegen uns Sozialdemokraten, überhaupt nicht. Entscheidend ist, daß man sich nicht mit den Problemen auseinandersetzt! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Daß solche Änderungen – auch da gebe ich Ihnen durchaus recht –, die wirklich atemberaubend sind, natürlich zu Unsicherheiten in manchen Bevölkerungskreisen führen, ja sogar zu Angst führen, ist selbstverständlich. Aber wenn wir solche Debatten führen, dann, bitte sehr, sollten wir sie in dem Sinne führen, daß wir nicht Unsicherheit schüren, sondern eher eine Bewußtseinslage schaffen, in der die Bereitschaft zu unerläßlich notwendigen Änderungen in den einzelnen politischen Positionen deutlich sichtbar wird.

Meine Damen und Herren! Faktum ist, daß Österreich als Wirtschaftsstandort viel zu verteidigen hat. Ich glaube, zumindest darüber sind wir uns einig. Im Zuge des Strukturwandels, der immer wieder diskutiert wird, hat Österreich in den vergangenen 20 Jahren – und, meine Damen und Herren, Sie sollten auch das sagen – Produktivitätsentwicklungen hinter sich, die außer Irland kein einziges Land in Europa gehabt hat. Die letzten 20 Jahre! So schlecht kann es also nicht


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