Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 97. Sitzung / Seite 21

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müssen oder keine eigenen Akzente mehr setzen können. Im Gegenteil! Genau das wäre erforderlich und wichtig und wird oder sollte von einer Staatengemeinschaft wie der Europäischen Union erwartet werden.

Sie hätten meiner Meinung nach ein gutes Beispiel und Vorbild, einen Staatschef einer christdemokratischen Partei, also sogar Ihres Lagers, nämlich jenen Luxemburgs. Dieser Staatschef gibt vor, was eine eigenständige Politik sein kann – auch als Mitgliedsland der Europäischen Union und auch in Vorbereitung beziehungsweise innerhalb einer Präsidentschaft, in der sie eigene Akzente setzen, eigene Vorstöße machen, eigene Vorschläge plazieren. Sie sollten allerdings nicht, wie Sie das während und vor der Amsterdamer Konferenz getan haben, irgendwo Wortspenden fallenlassen, sondern Ihre Position in den Gremien vor Ort auch tatsächlich vertreten und auch dafür einstehen.

Aber die österreichische Außenpolitik wurde auf eine kaum mehr vorhandene Wahrnehmbarkeit reduziert! Wenn wir heute oder in den vergangenen Wochen die Zeitungen gelesen haben, dann mußten wir erkennen, daß die österreichische Außenpolitik in der Öffentlichkeit kaum mehr wahrgenommen wird. Sie liegt offensichtlich auch unter der Wahrnehmungsgrenze der Medienberichterstatter. Das, bitte, ist nicht durch die Mitgliedschaft in der Europäischen Union vorgegeben! Im Gegenteil! (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Dr. Gredler. )

Zum Abschluß sei mir noch folgender Vergleich erlaubt. Ich habe mir heute überlegt, was eigentlich der Unterschied zwischen Ihrem Amtsvorgänger, dessen Politik ich in keiner Weise geteilt habe (Abg. Mag. Kukacka: Da wird er sehr traurig sein!)  – ich glaube, Sie wissen, was er in der Außenpolitik vertreten hat –, und Ihnen ist. Aber ich muß Ihnen sagen, Ihr Amtsvorgänger hatte so etwas wie Leidenschaft für die Außenpolitik. (Abg. Schieder: Und für Kroatien!) Alles, was er getan hat, hat er wirklich mit Herz getan, auch in Kroatien, auch in jenen Fällen, wo ich überhaupt nicht seiner Meinung war.

Aber die Außenpolitik war spürbar und wahrnehmbar! Auch wenn ich seine Meinung nicht geteilt habe, ich konnte darüber wenigstens diskutieren, Herr Kollege Schieder! Ich konnte mich mit den Positionen auseinandersetzen. Sie waren nicht meine, aber ich konnte diskutieren und darüber streiten. – Die gegenwärtige Außenpolitik ist nicht vorhanden, sie gibt mir nicht einmal die Gelegenheit, darüber in einer Debatte zu diskutieren und zu streiten. Das ist der Unterschied! (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

10.13

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. König. Er hat das Wort.

10.13

Abgeordneter Dkfm. DDr. Friedrich König (ÖVP): Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im nächsten Jahr wird es in der EU zu zwei historischen Weichenstellungen kommen. Es sind dies die Osterweiterung und der erste Schritt zum Euro mit der Auswahl jener Länder, die als erste der Währungsunion angehören werden. Die Präsidentschaft Österreichs in der zweiten Hälfte des Jahres 1998 wird daher wesentlich von diesen Weichenstellungen geprägt sein.

Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich drei Feststellungen zur Osterweiterung treffen. Für uns ist die Wiedervereinigung Osteuropas mit dem freien Westeuropa eine geschichtliche und moralische, aber auch eine politische Aufgabe. Darüber hinaus ist sie für uns die Ausdehnung der Friedensordnung, die sich in der Europäischen Union nun bereits über 50 Jahre bewährt hat, auf Osteuropa und damit die Voraussetzung für unsere eigene zukünftige Sicherheit in Europa. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Zweitens: Die gewählte Vorgangsweise der differenzierten Verhandlungen mit allen Mitgliedswerbern wird sicherstellen, daß alle die gleichen Chancen haben. Der Fortschritt und das Tempo werden von der Art und Weise, wie sie ihre eigene Entwicklung bewältigen, abhängen.

Drittens – und das zu betonen halte ich für sehr wichtig –: Jene Länder, die heute an unsere Tür klopfen und gerne Mitglied der EU werden wollen – wir können froh sein, daß wir bereits dabei


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