Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 1. Sitzung / Seite 9

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eine Kandidatur ist, die sehr ernst zu nehmen ist. Die Wahl ist eine persönliche Entscheidung jedes Abgeordneten, und wir werden eine entsprechende Entscheidung treffen.

Meine Damen und Herren! Ich komme als Letztes auf die Wahl des Zweiten Präsidenten des Nationalrates zu sprechen und möchte hinzufügen, dass die Kandidatur der freiheitlichen Fraktion nicht nur eine formale, sondern auch eine inhaltliche Seite hat. Wir haben in den Gazetten – beispielsweise in der "Stuttgarter Zeitung" – die Aussage von Ihnen, Herr Dipl.-Ing. Prinzhorn, lesen können, dass es viele Vorteile für Asylanten und Ausländer gebe und dass sie, wie viele Beispiele zeigen würden, Vorteile hätten, die Österreichern nicht zukämen. Dazu würden auch Medikamente zur Hormonbehandlung zählen, die vom Sozialamt gratis verteilt würden, um die Fruchtbarkeit zu steigern.

Meine Damen und Herren! Aus dieser Aussage, die Sie, Herr Abgeordneter, in einem "ZiB 2"-Interview auch noch bekräftigt haben, leuchtet die Absicht beziehungsweise die Möglichkeit hervor, Angst zu schüren und die Minderwertigkeit von Ausländern zum Ausdruck zu bringen.

Stellen wir klar, meine Damen und Herren – im eigenen Interesse, aber auch im Interesse des Amtes des Präsidenten des Nationalrates und im Interesse der Republik Österreich –, dass wir in Österreich keine gute Erfahrung mit der nationalen Motivierung von Natalitätspolitik gemacht haben. Ich glaube, dass gerade ein Österreicher in diesem Zusammenhang sehr vorsichtig zu sein hat, und ich fordere Sie, Herr Dipl.-Ing. Prinzhorn, auf, das in aller Deutlichkeit im Interesse des Nationalrates, im Interesse des Präsidiums, aber auch im Interesse der Republik Österreich klarzustellen! (Beifall bei der SPÖ und bei den Grünen.)

10.28

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Scheibner. Gewünschte Redezeit ebenfalls 12 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

10.28

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist für mich eine große Freude, als Klubobmann der nunmehr zweitstärksten Fraktion hier in der ersten Sitzung des Nationalrates das Wort zu ergreifen. Der 3. Oktober hat nicht nur die Entscheidung gebracht, dass es nunmehr drei annähernd gleich starke Fraktionen hier im Parlament gibt, sondern es sind auf Grund dieser Wahl auch mehr als 50 neue Abgeordnete heute hier angelobt worden. Die Hälfte davon sind Mitglieder meiner Fraktion, und ich hoffe, dass durch diese neuen Abgeordneten, aber auch auf Grund des Wahlergebnisses vom 3. Oktober, sich das Selbstverständnis, das wir als Parlamentarier der Republik Österreich haben, ändert – vor allem in Anbetracht dessen, was wir in den letzten Jahren hier im Hohen Haus zur Kenntnis nehmen mussten.

Wir sollten diese Debatte zur Wahl des Präsidiums des Nationalrates zum Anlass nehmen, auch einige grundsätzliche Bemerkungen zum Parlamentarismus und zur Demokratie in Österreich zu machen. Ich habe in der letzten Sitzung des Nationalrates im Juli kritisiert, dass dieses Plenum in den vergangenen Jahren 600 Gesetze beschlossen hat, von denen jedoch kein einziges in diesem Hohen Hause entstanden ist.

Ich habe kritisiert, dass 400 Initiativen – ich betone: 400 Initiativen!; nicht nur solche von Abgeordneten, sondern auch solche der direkten Demokratie, wie zum Beispiel Bürgerinitiativen oder Petitionen – liegen geblieben beziehungsweise nicht behandelt worden sind, weil es hier keine Mehrheit gegeben hat, die bereit gewesen wäre, sich zumindest dieser Anliegen der Menschen in Österreich anzunehmen.

Wir haben auch kritisiert, dass in den letzten zehn Jahren mehr als 500-mal die österreichische Bundesverfassung von diesem Hohen Hause geändert wurde, weil es eine Regierung gegeben hat, die, mit einer sehr "bequemen" Zweidrittelmehrheit ausgestattet, jedes Gesetz beziehungsweise jede Gesetzesbestimmung, die möglicherweise verfassungsrechtlich problematisch gewesen wäre, eben mit dieser Zweidrittelmehrheit jeglicher Kontrolle entzogen hat.


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