Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 12. Sitzung / Seite 23

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österreichische Forschungslandschaft maximal gefördert wird. Programme werden aber nicht allein deshalb modern, weil man sie auf einem PC schreibt! Und so fehlt mir und anderen im Rückblick auf die letzten Wochen Ihrer Bundesregierung jeder Anlass und jede Motivation zu einem fröhlichen oder – auf diese Seite hin – markigen Hurra.

Eine Schlagzeile aus unserem Bildungsministerium lautet: "Von der Wiege bis zur Bahre ..." – das erinnert mich wirklich mehr an Untergang und Windeln als an ermutigende Konzepte für Forschung und Wirtschaft.

Wer bekommt im Bereich der Forschung das schönste und wer das größte Stück? Wer wird bestraft und wer belohnt? – Die Forschungsförderung wird filetiert, auf drei Ministerien aufgeteilt – ein "Niemand-wird-gewinnen-Spiel" der Regierungsverhandlungen. An den Universitäten ist vielen das Lachen vergangen, aber den Meistersängern der Verdrängung wird das egal sein. (Abg. Böhacker: Haben Sie etwas Positives auch?) – Ja, die Wahrheit ist immer positiv. (Abg. Böhacker: Nein, Sie jammern nur!)

Haben Sie mit Vertretern der Wirtschaft darüber diskutiert, dass Österreich mit 3,4 ForscherInnen pro tausend Erwerbstätigen in der OECD-Statistik nahezu letztrangig liegt verglichen mit Finnland mit einer Quote von 8,3 Forschern oder Forscherinnen pro tausend Erwerbstätigen? (Abg. Böhacker: Wer hat das geschrieben?) – Das steht in den OECD-Berichten, die Ihnen nicht bekannt sein dürften.

Wissen Sie, dass der fiskalische Nutzen tertiärer Bildungseinrichtungen einen netto-fiskalischen Effekt von 6 bis 10 Prozent hat und Budget und Produktivität erhöht? Was machen Sie dafür?

Anscheinend darf man "Modernisierung" und "Flexibilität" nicht in Schachtelsätzen verpacken, damit diese Begriffe für Sie zur Pilgerstätte werden. Der vielleicht verwirrendste Aspekt der Flexibilität ist die Auswirkung auf den Charakter, scheint mir. Es werden Zeiten kommen, da wird sich die Wirtschaft an dieses Zitat erinnern.

Sie wissen, dass die Zeit des Eisenbiegens, der Sensenschmiede und des Wurzelschnitzens vorbei ist. Eine andere, eine moderne Wirtschaft braucht eine starke Forschung. Auch das wissen Sie. (Abg. Dr. Fekter: Ja!) Ist es Ihnen aber unbekannt, dass durch Ihre Bundesregierung massive Defizite und massive Probleme in der universitären und in der Forschungslandschaft Österreichs ausgelöst wurden, die die Wirtschaft treffen werden? (Abg. Dr. Fekter: Ganz im Gegenteil!) Soll sich unsere Textilindustrie wirklich auf Häschen-Krawatten konzentrieren und die Wirtschaft auf die Herstellung von Reiseandenkenartikeln? Das hat keinen Sinn. (Beifall bei den Grünen. – Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Dr. Fekter. )

Ich glaube, Sie leiden absolut an einer Verkennung der Wirklichkeit und können die Ausmaße der Reduktion internationaler wissenschaftlicher Kontakte nicht abschätzen. Anders ist es für mich nicht denkbar, eine derartige Vogel-Strauss-Politik von Ihnen beobachten zu müssen. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Schieder. )

In der Forschung gelingen keine Experimente, wenn man Augen und Ohren schließt. Ich glaube, mehr zu wissen, um mehr tun zu können und um mehr zu sein, ist ein Prinzip eines guten Forschers. Ich will daran glauben, dass dieses Mehr-zu-Wissen, Mehr-zu-Sehen und Mehr-zu- Hören auch für Sie eine Anleitung sein sollte für eine bessere und ehrlichere Politik, die ich bislang vermisst habe. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

9.48

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gemeldet im Zuge der Debatte hat sich Herr Bundesminister Schmid. Redezeit: 5 Minuten. – Bitte, Herr Minister.

9.48

Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr Dipl.-Ing. Michael Schmid: Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kollegen von der Bundesregierung! Hohes Haus! Ich nutze diese Gelegenheit – ich wurde ja jetzt auch unmittelbar angesprochen –, in der Kürze einige Vorstellungen, die ich in meine neue politische Tätigkeit einbringen möchte, hier darzulegen.


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