Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 12. Sitzung / Seite 29

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

ihnen nicht alles weggesteuert und mittels Beiträgen weggenommen wird. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

10.10

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gemeldet ist als nächste Rednerin Frau Abgeordnete Dr. Glawischnig. – Bitte. (Ruf bei der ÖVP: "Brandstifter"! – Abg. Steibl: ... "Brandstifter"! – Abg. Gaugg: Schöne Grüße aus Kärnten!)

10.11

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeordnete! Meine Damen und Herren! Zukunftsorientierte Wirtschaftspolitik, das sind nicht nur "One-Stop-Shop", Anlagenrecht, Unternehmungsgründung und Straßenbau, sondern da geht es vorwiegend um Zukunftsressourcen. Zukunftsressourcen – das ist ganz einfach – sind einerseits Investitionen in Wissen – unsere Gesellschaft ist in erster Linie eine Wissensgesellschaft – und zweitens in Kreativität, in kreatives Potential in Österreich. Das sind zentrale Lebensnerven einer modernen Industriegesellschaft.

Was ich heute gehört habe und was ich dem Regierungsprogramm entnommen habe, das sind Konzepte, die sich wie eine Politik der sechziger und siebziger Jahre darstellen. Ich habe jetzt sehr wenig wirklich Zukunftsorientiertes gehört und möchte das auch belegen: Auf den Anwurf von Kurt Grünewald, dass im Wissenschafts- und Forschungsbereich nicht investiert wird – als Zukunftsressource-Investition –, zu antworten, dass man Zentralräume erschließt und in den Straßenbau investiert, das ist wirklich von vorgestern! (Beifall bei den Grünen.)

Zweiter Punkt – kreatives Potential: Kunst- und Kulturförderung in Österreich sind für diesen Bereich ein zentraler Lebensnerv. Ich glaube, das kann niemand abstreiten. Wenn man sich jetzt die Rahmenbedingungen anschaut, sieht man einerseits die EU-Isolation: Österreichische Künstler haben im Ausland Schwierigkeiten, Absagen von Künstlern aus dem Ausland, erschwerte Präsentationsmöglichkeiten von Institutionen und Einrichtungen im EU-Ausland, Schwierigkeiten für länderübergreifende Projekte und die Finanzierung von länderübergreifenden Projekten, Einbußen von Publikum bei Festivals. Wo die Kulturnation Österreich in der Vergangenheit die Basis für Tourismus erwirtschaftet und genutzt hat, soll jetzt so etwas wie ein schwarzes Loch in der Gegenwartskunst produziert werden. Die Rahmenbedingungen durch die EU-Isolation, in die uns diese Regierung gebracht hat, für die kreative Ressource, sind für dieses Potential verheerend.

Nächster Punkt: eine Kulturnation, die, wie gesagt, maßgebliche Teile ihres Bruttoinlandsproduktes auf dem Tourismus aufbaut, der wiederum maßgeblich auf dieser kreativen Ressource, auf Kunst und Kultur in diesem Land aufbaut, eine Kulturnation, die zeitgenössisches Schaffen ausradieren will, nicht haben will und ignoriert. Nur als kurzen Vergleich: Die Musikindustrie in Österreich erwirtschaftet mehr als die Stahlindustrie. Vorzeigemodelle – wie zum Beispiel elektronische Musik –, die international wirklich als Erfolgsmodelle gelten, aus eigener Kraft, nicht wegen der Politik, sondern trotz der Politik, werden völlig ignoriert.

Das europaweite Wachstum in diesem Bereich an Arbeitsplätzen ist wirklich beeindruckend. Wenn man sich als Kulturnation nicht darauf versteht, zeitgenössisches Schaffen zu fördern, dann ist das keine zukunftsorientierte Wirtschaftspolitik. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Mag. Schweitzer: Warum funktioniert sie dann nicht?)

Dritter Punkt: Der Kahlschlag, der jetzt in diesem Bereich schon zu verzeichnen ist, lässt sich heute im "Standard" nachlesen: Rennen um jeden Schilling. Bereits jetzt sind es 77 Millionen, die weniger für diesen kreativen Bereich, für dieses kreative Potential in der österreichischen Kunst- und Kulturszene zur Verfügung stehen. – Ich glaube nicht, dass Sie wollen, dass die Zukunft des 21. Jahrhunderts der Kunst so aussieht: schwarze Seiten. (Die Rednerin hebt eine Broschüre in die Höhe und blättert eine Reihe schwarzer Seiten mit der Überschrift "Österreich 2000" auf. – Beifall bei den Grünen. – Abg. Mag. Schweitzer: Wer hat das gefördert?) Danke auch an Jörg Schlick, der das für "Camera Austria" gestaltet hat.

Dieser Kahlschlag, der jetzt schon zu verzeichnen ist – renommierte Institute, die zusperren müssen, wie T-Junction, Music Information Center, alle diese Einrichtungen –, ich glaube nicht,


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite