Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 16. Sitzung / Seite 81

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Anders ist es im Bereich der Arbeiterkammern: Da haben wir es mit einer Körperschaft öffentlichen Rechts zu tun, die zum Beispiel Laienrichter bestellt – also ganz klar eine öffentliche Aufgabe –, während etwa Kollektivverträge von den Gewerkschaften abgeschlossen werden, auf die dieses Recht anzuwenden wäre.

Die österreichischen Arbeitnehmer haben dieses System bei einer Reihe von Befragungen und Urabstimmungen auch eindrucksvoll unterstrichen, und man sollte meiner Ansicht nach am System der öffentlich-rechtlichen Körperschaft mit Pflichtmitgliedschaft – wer A sagt, muss auch B sagen! – nicht rütteln.

Faktum ist jedenfalls, dass das Bezug nehmende Assoziationsabkommen der EWG mit der Türkei aus dem Jahre 1964 dieser Argumentation zugrunde liegt. Der österreichische Gesetzgeber hat mit der erwähnten Novelle vom März 1998, die 1997 hier beraten wurde – im Wissen um das Assoziationsabkommen mit der Türkei, im Wissen um bestehendes EU-Recht –, auf den unterschiedlichen Charakter hingewiesen und durch seine Entscheidung, das passive Wahlrecht nicht einzuführen, eindeutig authentisch interpretiert, dass die österreichische Arbeiterkammer nicht unter diesen Bereich des EU-Rechtes fällt. Mit dieser Regierungsvorlage, der meines Wissens auch die Sozialdemokratische Partei zugestimmt hat, ist es zu keiner Änderung und keiner Ausweitung des passiven Wahlrechtes gekommen.

Frau Kollegin Hostasch hat diese Regierungsvorlage damals im Ministerrat eingebracht. (Zwischenruf der Abg. Hostasch. – Ich höre gerade, dass es Herr Bundesminister Fasslabend war, der diese Regierungsvorlage offensichtlich allein eingebracht hat. Dazu möchte ich feststellen, dass das die interessanteste Interpretation des Einstimmigkeitsprinzips im Ministerrat ist, die ich jemals gehört habe. (Abg. Hostasch: Und wer hat denn zugestimmt?) Sie haben zugestimmt, Ihre Fraktion hat zugestimmt, die ÖVP hat zugestimmt, die Freiheitlichen haben zugestimmt, und daher ist in diesem Hause das bestehende Arbeiterkammergesetz so beschlossen worden. (Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten der SPÖ und ÖVP. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen. – Abg. Edler: Sie haben doch zugestimmt in der Arbeiterkammer!)

Ich habe in der AK Wien nicht zugestimmt! Da kann ich Sie völlig beruhigen, Kollege Edler.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte die Redezeit zu beachten!

Abgeordneter Mag. Walter Tancsits (fortsetzend): Daher sehen wir einem solchen Verfahren über den Ausgang der Ausweitung des passiven Wahlrechtes mit Zuversicht entgegen. Wir werden die österreichische Arbeiterkammer im Interesse der Arbeitnehmer dieses Landes so erhalten (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen), wie ihr die Leute in den Abstimmungen auch zugestimmt haben. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

15.58

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Gaugg. Er hat das Wort.

15.58

Abgeordneter Reinhart Gaugg (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren! Kollege Öllinger fragte in seinem Debattenbeitrag, wie oft wir noch darüber diskutieren werden. – Meine Antwort ist: So lange, bis es diesbezüglich Rechtssicherheit geben wird. Es besteht nämlich nach wie vor Rechtsunsicherheit auch auf europäischer Ebene (Abg. Öllinger: Überhaupt nicht!) , ob dieses Kammer-Wahlrecht, das wir hier in Österreich fast als Unikat, als Relikt der Vergangenheit haben, in Summe überhaupt rechtens ist. Man sollte sich wesentlich mehr Gedanken darüber machen, dass es dort das letzte Mal eine Wahlbeteiligung zwischen 20 und 30 Prozent gab. (Zwischenruf der Abg. Hostasch. )

Frau Minister außer Dienst Hostasch! Sie haben am allerwenigsten Grund, sich in diese Debatte einzumengen, denn Sie haben es sich einfach gemacht und gesagt: Das Arbeiterkammer-Wahlrecht ist gegeben – aber die Entscheidung, ob ausländische Mitarbeiter in den Betrieben


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