Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 32. Sitzung / Seite 273

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Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Riepl. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

23.29

Abgeordneter Franz Riepl (SPÖ): Hohes Haus! Die duale Ausbildung ist ein wichtiger Faktor zur Vermeidung von Jugendarbeitslosigkeit. In dem Antrag der Regierungsparteien ist dieser Satz auch abgedruckt. Lehrlingsausbildung braucht aber meiner Meinung nach eine ständige Prüfung der Qualität.

Es gibt viele Betriebe, die hervorragende Ausbildung im dualen System garantieren. Es gibt aber auch Betriebe, die Jugendliche zwar mit Lehrvertrag beschäftigen, aber nicht wirklich ausbilden. Es gibt in Wien Berufsgruppen, Branchen, bei denen die Quote des Durchfallens bei den Lehrabschlussprüfungen sehr hoch ist. So liegt sie beispielsweise bei den Friseuren bei 28 Prozent, bei den Installateuren beträgt sie 39 Prozent, bei den Spenglern 41 Prozent und bei den Zahntechnikern 42 Prozent. Das zeigt, dass es nicht unbedingt am "schlechten Material" liegt, wie es einmal ein Innungsfunktionär ausgedrückt hat – er hat die Lehrlinge gemeint –, sondern vielfach auch an der nicht vorhandenen Ausbildungsreife der Betriebe.

Da stellt sich die Frage: Was tut die Lehrlingsstelle? Meine Kritik geht in die Richtung, dass die Reaktion der Lehrlingsstelle zum Beispiel in Wien auf solche Zustände in der Vergangenheit mangelhaft war. Sie ist eigentlich nur noch die Verwaltungsstelle der Lehrverträge und nicht viel mehr.

Sehr verehrte Damen und Herren! Die beantragten Änderungen, insbesondere im Berufsausbildungsgesetz, im Kinder- und Jugendbeschäftigungsgesetz und im Jugendausbildungs-Sicherungsgesetz, die jetzt zur Diskussion stehen und dann zur Abstimmung gelangen werden, bringen nicht mehr Qualität in der Lehrlingsausbildung, sondern sie verringern da oder dort vielleicht sogar die Chancen auf eine solide Berufsausbildung eines Teiles unserer Jugend.

Was meine ich damit? – Ich meine die Vorlehre, sehr verehrte Damen und Herren! Ich denke, oder wir von den Sozialdemokraten denken, dass das Modell der Vorlehre in der heutigen Zeit eigentlich der falsche Weg ist. Benachteiligte Jugendliche benötigen mehr Zuwendung als nicht benachteiligte. Mehr Zuwendung bedeutet mehr Zeit für den Ausbildungsbetrieb oder für den Ausbilder, und diese Zeit ist in einem in der Wirtschaft stehenden Lehrbetrieb nicht immer oder fast nie vorhanden. Deshalb ist die Vorlehre, so wie sie jetzt vorliegt, eher ein Modell zur Beschäftigung von benachteiligten Jugendlichen, aber nicht ein Modell zur Ausbildung von benachteiligten Jugendlichen. Das ist, wenn Sie wollen, unsere sachliche Kritik an diesem Gesetzesvorschlag.

Statt benachteiligte Jugendliche zum Beispiel wie bisher in Stiftungen zu fördern, wo genau die Ausbildungs- und die Zuwendungsqualität der Ausbilder gegeben ist, werden diese – so kann man jetzt in dem Antrag lesen, Herr Abgeordneter Feurstein – als nicht lehrvertragsreif oder nicht ausbildungsreif bezeichnet und in ein Vorlehrmodell ohne Ausbildungsinhalte und ohne – ich lege darauf Wert, dies hier festzustellen – Zukunftschancen umgeleitet: Ohne Zukunftschancen deshalb, weil das jetzt vorliegende neue Vorlehrmodell ja keine Chance zu einem Lehrabschluss bietet. (Abg. Dr. Puttinger: Stimmt ja nicht! Der Lehrstoff des ersten Lehrjahres wird ja voll durchgezogen! Die können nicht einmal lesen!)

Ich erinnere Sie daran, Herr Abgeordneter, dass das Ziel des Nationalen Aktionsplanes für Beschäftigung für den Bereich der Jugend darin bestand, benachteiligte Jugendliche durch Unterstützung zum Lehrabschluss zu bringen. Das war unser Ziel, das wir gemeinsam formuliert haben, Herr Abgeordneter Feurstein! (Abg. Dr. Feurstein: Wir sind unterschiedlicher Meinung!) Jetzt aber kommt ein Modell einer Vorlehre, das genau dieses Ziel wegrationalisiert hat. Künftig soll es nämlich zwei Jahre Vorlehre – vielleicht auch drei Jahre – ohne Chance auf einen Lehrabschluss geben. Ich denke, das ist der Pakt dieser Bundesregierung für die Jugend, und diesen Pakt lehnen wir Sozialdemokraten jedenfalls ab! (Beifall bei der SPÖ.)

Dieses Vorlehrmodell wird, so befürchte ich, zum Vorteil für einige Arbeitgeber und zum Nachteil, zur Verminderung der Chancen für einen Teil unserer Jugend werden. Herr Wirt


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