Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 34. Sitzung / Seite 41

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Ich denke, dass diese Diskussion noch lange nicht abgeschlossen ist, und möchte den Divisionär Hubertus Trauttenberg zitieren, der im Zusammenhang mit der Wehrmachtsausstellung folgende Frage stellte: Mehr als 50 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges müssen wir uns fragen, ob und wie weit wir bereit sind, die heute bekannten Fakten an uns heranzulassen.

In diesem Zusammenhang denke ich an die Leserbriefe, in denen man die Verbrechen des Nationalsozialismus immer wieder junktimieren und vergleichen möchte mit Verbrechen, die in anderen Ländern begangen wurden und die selbstverständlich auch zu verurteilen sind. Ich meine, wir müssen uns mit unserer eigenen Geschichte auseinander setzen, wir müssen ehrlich damit umgehen.

Trauttenberg sagt weiters: Viele von uns neigen noch immer dazu: zu Verdrängung, zu Verleugnung und Aufrechnung von eigener Schuld gegen die der anderen. Eine derartige Argumentation verhindert nicht nur ein wahres Bild unserer Geschichte, es hindert uns auch, zu trauern. Und mehr noch: Lernunfähigkeit von einer Generation an die nächste weitergegeben, verhindert eine emotionale Aussöhnung mit den Gegnern und Opfern von damals. – Ende des Zitats.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich erinnere mich an meine Kindheit: Es wurde zum Beispiel zu Allerheiligen der Opfer des Zweiten Weltkrieges, der Soldaten gedacht. In den Orten wird aber sehr selten – ich denke dabei an die Kriegerdenkmäler – an das, was den Opfern durch Zwangsarbeit, durch den Holocaust, durch den Nationalsozialismus angetan wurde, gedacht. Ich hoffe, dass wir in diesem Sinne weiterarbeiten. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen sowie des Abg. Dr. Krüger. )

10.50

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Ofner. – Bitte.

10.50

Abgeordneter Dr. Harald Ofner (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Der Gesetzestext selbst verwendet für den Betrag von 6 Milliarden Schilling und für seine Zuwendung den Ausdruck "freiwillige Geste". Es ist das eine Geste von doch beträchtlichem Ausmaß.

Ich glaube, dass der Begriff "freiwillige Geste" nicht nur rechtlich richtig ist, sondern auch beinhaltet, dass die Generation, die mit den Verbrechen des Nationalsozialismus nichts zu tun hat, aber die 6 Milliarden aufbringen muss, versteht, warum sie das tun soll.

Ich kann mich der Ausführung einer der Vorrednerinnen nicht anschließen, dass der Begriff "freiwillige Geste" ein Eingeständnis der Schuld von uns allen, wie diese Vorrednerin wörtlich gesagt hat, beinhaltet.

Ich darf in Erinnerung rufen – es ist mir ganz ernst, wenn ich das betone –, dass die Verbrechen des Nationalsozialismus, wenn man als Anknüpfungspunkt die Okkupation Österreichs durch deutsche Truppen sieht, 62 Jahre zurückliegen und, wenn man das Ende des Zweiten Weltkrieges als Maßstab nimmt, 55 Jahre. Das ist eine große Zeitspanne. Wenn man sie auf den Ersten Weltkrieg transponieren würde, würde dies bedeuten, dass eine solche Geste im Jahr 1976 gesetzt worden wäre.

Es handelt sich um Verbrechen eines Regimes, das Österreich selbst ungeheure Schäden in jeder Hinsicht zugefügt hat. Es handelt sich um Verbrechen, die dieses Regime im Namen eines fremden Staates begangen hat, zu einer Zeit, zu der es Österreich überhaupt nicht gegeben hat. Der Anknüpfungspunkt ist nur, dass diese Verbrechen – und das ist dem Text des Gesetzes zu entnehmen – auf dem Gebiet der heutigen Republik Österreich verübt wurden.

Es handelt sich bei denjenigen, die jetzt zahlen werden, um die Enkel der Erwachsenen von damals, um die Enkel der Erwerbstätigen von damals, um die Enkel von Tätern und auch von Opfern von damals. Und es handelt sich bei den Betroffenen um wenige Überlebende – bedauerlicherweise –, aber in Einzelfällen auch um die Erben der Betroffenen von damals.


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