Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 34. Sitzung / Seite 43

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Ich darf noch ein Wort zur Frau Präsidentin Schaumayer sagen: Ich bin selbst ein älterer Herr. Ich habe Sie bewundert. Ich bin Anwalt. Ich habe in meinem Berufsleben nicht die Dimensionen erreicht, die Ihnen vergönnt gewesen sind, aber es war auch von der Warte eines Verhandlers interessant, Ihr Vorgehen zu beobachten.

Ich kann mich über die Einstellung eines amerikanischen Anwalts, glaube ich, nur wundern, der Sie als "Großmutter" bezeichnet hat und damit herabsetzen wollte. Der hat offenbar nie eine Großmutter gehabt, oder er hat sie nicht gekannt. Jemanden als "Großmutter" zu bezeichnen, das ist eine Auszeichnung sondergleichen. Das wissen wir alle, die wir Großmütter gehabt haben. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wenn man heute davon ausgeht, dass es nur wichtig ist, einen Babysitter zu haben, muss ich sagen: Die Funktionen der Großmütter gehen über das Babysitten weit hinaus. Wir wissen es. Wir bekennen uns zu unseren Großmüttern. Ich habe bedauerlicherweise keine mehr.

Nehmen Sie es bitte als Auszeichnung, wenn jemand "Großmutter" zu Ihnen sagt, gnädige Frau! Ich sehe es zumindest so!

Interessant ist auch die Position der Betroffenen in den ostmitteleuropäischen und osteuropäischen Ländern, die jetzt einen Betrag – nach unserer Sicht ist er gering, nach der dortigen Sicht nicht – zu erwarten haben. Sie sind fassungslos erstaunt im positiven Sinne. Sie können sich nicht vorstellen, dass irgendjemand auf Grund eines kriegerischen und verbrecherischen Ereignisses, das mehr als ein halbes Jahrhundert zurückliegt, Geld bekommt und irgendjemand etwas zahlt. Sie haben zunächst geglaubt, man wolle sie überhaupt nur auf die Schaufel nehmen, denn sie wissen aus ihren eigenen Ländern, dass man alles abstreitet, alles verneint und erklärt: Wir haben nichts, und im Übrigen wollen wir nichts zahlen!

Also: Die Adressaten sind davon recht angetan, vielleicht nicht ihre Funktionäre in jedem Fall, aber die Adressaten freuen sich darüber, dass in Österreich die Uhren anders gehen als bis jetzt in ihren Heimatländern.

Es ist das ein wichtiger Schritt, den wir heute in die Wege leiten, es ist das ein interessanter Schritt in mehrfacher Hinsicht, aber es darf nicht der letzte Schritt gewesen sein. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

10.59

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Krüger. – Bitte.

11.00

Abgeordneter Dr. Michael Krüger (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine Herren auf der Regierungsbank! Frau Präsident Dr. Schaumayer! Jeder hier in diesem Hohen Haus hat wahrscheinlich seinen individuellen Zugang zum Thema Zwangsarbeit, zum Thema Holocaust, je nach dem, in welchem Ausmaß und mit welchen Mitteln er sich mit dieser Problematik befasst hat. (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn übernimmt den Vorsitz.)

Ich selbst war vor einigen Jahren in der Holocaust-Gedenkstätte in Jerusalem und habe dort die Protokolle der so genannten Wannsee-Konferenz eingesehen. Die Wannsee-Konferenz fand im Jahre 1942 in Berlin statt und hatte die so genannte "Endlösung" zum Inhalt. Ein verbrecherischer Klüngel des verbrecherischen NS-Regimes hat sich dort zusammengefunden, um – wie zynisch ausgedrückt wurde – die "Endlösung" im Sinne einer völligen Auslöschung der jüdischen Bevölkerung durchzuführen.

Es ist – im negativen Sinn! – historisch beeindruckend, welche Worte darin in einem ungustiösen Amtsdeutsch vorzufinden sind, nämlich Worte wie, dass Angehörige der jüdischen Bevölkerung in Deutschland, sofern sie nicht in Konzentrationslagern sind, zur härtesten Zwangsarbeit – und wir reden heute hier von Zwangsarbeit – an der Front heranzuziehen sind. Es ist auch in zynischer Weise davon die Rede, dass ohnedies damit gerechnet wird, dass diese Zwangsarbeiter durch die harte Zwangsarbeit an der Front zu Tode kommen. Und es ist auch davon die Rede, dass insbesondere auf jene aufzupassen ist, die diese Tortur überleben, denn


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