Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 34. Sitzung / Seite 45

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zesse abgeführt worden. Das sind 40 000 Prozesse. Da hat es eine Rückstellungskommission erster Instanz gegeben, eine solche zweiter Instanz, und beim Obersten Gerichtshof war eine oberste Rückstellungskommission eingesetzt. Es hat oberstgerichtliche Urteile und Vergleiche gegeben. Dort, wo in einem rechtsstaatlichen Verfahren, unter Aufsicht der Alliierten, rechtskräftig abgesprochen wurde, kann es kein weiteres Aufmachen dieser Prozessakten beziehungsweise kein Wiederaufrollen dieser Ansprüche geben, dem steht die Rechtskraft entgegen, und wir werden uns mit allen uns zu gebotenen Mitteln dagegen wehren, dass derartige Ansprüche wiederaufgerollt werden. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

11.07

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Dr. Papházy. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

11.07

Abgeordnete Dr. Sylvia Papházy MBA (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir alle wissen es: Die Bundesregierung hat sich ein enormes Arbeitsprogramm vorgenommen, und die Bundesregierung hat in den ersten knapp 160 Tagen Enormes geleistet.

Es wurde bereits darauf hingewiesen, was im Regierungsprogramm steht. Die Bundesregierung wird um sachgerechte Lösungen in den Fragen aller im Zuge des Zweiten Weltkrieges auf dem Gebiet des heutigen Österreich zu Zwangsarbeit gezwungenen Personen bemüht sein. Das Arbeitstempo der Regierung zeigt, wie ernst es ihr damit ist.

Bereits am 30. Juni 2000 passiert das Versöhnungsfonds-Gesetz einstimmig den Verfassungsausschuss. Österreich bekennt sich damit zur moralischen Verantwortung, jene Überlebenden zu entschädigen, die auf dem Gebiet des heutigen Österreich Zwangsarbeit leisten mussten. Dies ist ein autonomer und selbständiger Beitrag Österreichs zur Vergangenheitsbewältigung.

Es gibt – das wissen wir alle, sehr geehrte Damen und Herren – keinen Rechtsanspruch auf solche Leistungen unserer Republik. Es handelt sich dabei um eine Versöhnungsgeste – eine reine Versöhnungsgeste! –, die unsere Bundesregierung schnell setzen will. Es sollen damit möglichst viele der zum Stichtag geschätzten 150 000 betagten Überlebenden persönlich erreicht werden.

Unglaublich und schmerzhaft ist es für mich daher, dass die Anwälte Fagan und Witti, ausgerechnet heute für 10.30 Uhr – es hat also schon begonnen – zu einer Pressekonferenz der besonderen Art bitten – ausgerechnet dann, wenn gleichzeitig alle vier im österreichischen Parlament vertretenen Parteien einstimmig dieses Gesetz beschließen wollen. Titel der Pressekonferenz lautet: "Verhöhnung statt Versöhnung."

Die Beurteilung dieser Tatsache überlasse ich sehr gerne Ihnen, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Nebenbei gesagt: Auch die in Deutschland für Zwangsarbeiterfragen projektierten Anwaltshonorare von 1,4 Milliarden österreichischen Schilling, das sind umgerechnet 200 Millionen D-Mark, sprechen für sich. Gestern hat der Deutsche Bundestag das Gesetz zur Errichtung einer mit 10 Milliarden D-Mark dotierten Stiftung für ehemalige Zwangsarbeiter beschlossen. Staat und Wirtschaft sollen davon je die Hälfte tragen. Die deutsche Stiftung richtet sich an alle deutschen Unternehmen im Handelregister mit mehr als zehn Beschäftigten. Die Idee dahinter ist: Die gesamte deutsche Wirtschaft hängt voneinander ab.

Von Seiten der deutschen Wirtschaft sind erst Zusagen über etwa 3 Milliarden D-Mark eingegangen, denn in puncto Rechtssicherheit gibt es keinen Vertrag zwischen Deutschland und den USA. Lediglich in einem Briefwechsel zwischen Clinton und Schröder sichert Präsident Clinton mit so genannten "statements of interest" dergestalt Rechtssicherheit zu, dass die US-Regierung deutschen Firmen im Fall von Klagen beistehen will.

Sehr geehrte Damen und Herren! In Österreich ist man vorerst an die großen Unternehmen mit über 250 Mitarbeitern herangetreten. Ziel ist es, 0,2 Prozent des Vorjahresumsatzes für den


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