Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 36. Sitzung / Seite 85

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Frau Ministerin! Ich wünsche mir von Ihnen, dass Sie Ihr Gewicht in die Regierung einbringen, damit es wirklich möglich ist, hier Außenpolitik zu machen und nicht immer nur auf irgendwelche Zurufe von außen zu reagieren. Wir können dem Entschließungsantrag von Ihnen nicht zustimmen, denn das ist ein reines Ablenkungsmanöver. Worum es gehen muss, dafür braucht es Konzepte in der Außenpolitik, aber diese haben wir heute nicht gehört. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenruf der Abg. Gatterer. )

13.35

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Schweitzer. – Bitte.

13.35

Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Viele Oppositionsredner haben sich heute darüber beschwert, dass Jörg Haider die Ursache für die Verhängung dieser Unrechtssanktionen gewesen ist, aber keiner von ihnen hat sich mit der Frage beschäftigt, warum er dann, wenn er quasi der Angeklagte war, von den Richtern nicht gehört wurde.

Ich glaube, da wurde gegen ein ganz wesentliches Prinzip jeder rechtsstaatlichen Ordnung verstoßen: Man sucht sich einen Angeklagten, aber man hört ihn nicht! Dafür lässt man aber eine ganze Heidelberg-Prozession zu den Weisen pilgern, um genau diesen "Angeklagten" – unter Anführungszeichen – und seine so erfolgreiche Partei noch einmal anzuschwärzen, damit man genau das auch in den Bericht hinein bekommt, wie das Kollege Ofner bereits ausgeführt hat. Er hat das sehr treffend analysiert, und ich gebe ihm völlig Recht. So ist es gelaufen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Bundesministerin! Ich habe mich am Wochenende – ich will mich nun der künftigen Politik zuwenden – sehr genau über das informiert, was Sie in der "Pressestunde" gesagt haben. Sie haben auch davon gesprochen, dass es durchaus Sinn macht, die Erweiterung zu beschleunigen. Ich verstehe das schon. Allerdings muss ich auch sagen, es ist relativ schwierig, eine Erweiterung zu beschleunigen, wenn der Motor stottert. Es ist für mich eindeutig, dass dieser institutionelle Motor – und ich glaube, da sind wir einer Meinung – der Europäischen Union gewaltig stottert, und zwar bereits seit längerer Zeit, aber eine Reparatur ist offensichtlich noch immer nicht in Sicht.

Dazu haben außerdem die Vierzehn mit den zu trauriger Berühmtheit gelangten Sanktionen noch ordentlich Sand ins Getriebe gestreut. Das heißt, das Vehikel der Europäischen Union braucht eine Generalsanierung, Frau Bundesministerin! Da ist ein Generalservice angesagt, bevor es zu einer Erweiterung kommt, denn diese Erweiterung ist eine gewaltige Herausforderung, sowohl quantitativ als auch qualitativ: Zwölf konkrete Beitrittsländer stehen vor der Tür mit mehr als 100 Millionen Menschen. Das Bruttoinlandsprodukt liegt bei 77 der 89 Regionen unter 50 Prozent des EU-Durchschnitts, Einkommen und Kaufkraft liegen entsprechend tiefer.

Wir wissen, dass die mittel- und osteuropäischen Länder beim Aufbau funktionsfähiger Marktwirtschaften nicht so rasch vorangekommen sind, wie wir es allgemein erwartet haben. Laut SPD-Studie, die beim Friedrich-Ebert-Institut in Auftrag gegeben wurde, konnten die Vortrittsbeihilfen gar nicht zur Gänze in Anspruch genommen werden, weil die Kofinanzierung nicht aufgebracht werden konnte.

Das heißt also, bis diese Länder tatsächlich beitrittsreif sind, ist noch sehr viel Geld notwendig. Und woher soll dieses Geld kommen? Eine Finanzierung ist nur dann realistisch, wenn vorher die Struktur- und die Agrarpolitik grundlegend reformiert werden. Eine zusätzliche finanzielle Belastung der Nettozahler kann aufgrund der angespannten Budgetsituationen nicht verlangt werden, Frau Bundesministerin!

Wir haben heute die österreichische Situation bereits ausführlich diskutiert und werden das weiter tun. Österreich können wir nicht mit noch mehr Beitragszahlungen belasten! Daher werden wir – und ich hoffe, die gesamte Bundesregierung – im Rahmen der Beitrittsverhandlungen besonders darauf zu achten haben, dass die österreichischen Interessen nicht zu kurz


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