Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 4. Sitzung / Seite 166

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Nicht so verhält es sich allerdings in anderen Bundesländern. Untersuchungsausschüsse weisen dort immer noch eindeutig die Züge eines im Strafprozess längst überwundenen Inquisitionsverfahrens auf, zumal in Untersuchungsausschüssen die verfolgende Behörde mit der urteilenden Behörde identisch ist und es formal keinen Angeklagten mit anerkannten Verteidigerrechten gibt, sondern nur Zeugen, die unter Wahrheitspflicht stehen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Unser Appell gilt daher diesen sieben Bundesländern, die entsprechenden notwendigen Reformen in der Landesverfassung und in der Geschäftsordnung des jeweiligen Landtages vorzusehen!

Mit der heutigen Diskussion soll klargelegt werden, dass die Sozialdemokratische Partei bereit ist, dieses demokratiepolitische Defizit in der Verfassung beziehungsweise in der Geschäftsordnung zu korrigieren. Dessen ungeachtet gibt es natürlich eine Reihe von Fragen, die im Geschäftsordnungs-Komitee zu behandeln sein werden. Es geht etwa um die Frage der Beweisbeschlüsse. Wir sind der Meinung, dass Beweisbeschlüsse immer noch ein Mehrheitsrecht darstellen sollen, damit die verfassungsgemäßen Grenzen des parlamentarischen Kontrollrechts nicht überschritten werden.

Es wird um die Frage gehen, wie viele Untersuchungsausschüsse Klubs nach dem künftigen Minderheitsrecht in der Gesetzgebungsperiode verlangen können. Es wird um die Anzahl der Untersuchungsausschüsse gehen, wobei wir meinen, dass verhindert werden soll, dass es zu einer Inflation von Untersuchungsausschüssen kommt.

Unser Klubobmann Peter Kostelka hat bereits darauf hingewiesen, dass es natürlich eine Reihe von anderen offenen Geschäftsordnungsfragen gibt, die diskutiert werden sollen, doch diese sollen die Verwirklichung des von uns angestrebten Minderheitsrecht zeitlich nicht verzögern.

Lassen Sie mich abschließend noch sagen: Der Prozess der Parlamentarisierung – und das Parlament hat an Bedeutung gewonnen! – und Demokratisierung kann nie als abgeschlossen betrachtet werden und muss daher unter neuen politischen Gegebenheiten in der XXI. Gesetzgebungsperiode fortgesetzt werden. In diesem Sinne, meine sehr verehrten Damen und Herren, geben wir den Untersuchungsausschüssen eine Chance! (Beifall bei der SPÖ.)

20.31

Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Maria Theresia Fekter. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte.

20.31

Abgeordnete Mag. Dr. Maria Theresia Fekter (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Einmal gleich vorweg möchte ich klarstellen, dass die ÖVP natürlich Kontrollrechte akzeptiert und auch akzeptiert, dass es zum Parlamentarismus gehört, dass es Minderheitsrechte gibt. Bei den Untersuchungsausschüssen sind wir aber betreffend die Kombination von Kontrollrecht und Minderheitsrecht skeptisch, und das wahrscheinlich – wie noch zu Tage treten wird – als einzige Fraktion.

1997 haben wir die Verfahrensordnung zu den Untersuchungsausschüssen kreiert, und damals haben wir im Detail argumentiert, warum wir dieses Instrument der demokratischen Mehrheit in diesem Haus vorbehalten wollen. (Zwischenruf des Abg. Mag. Firlinger. )

Herr Kollege Kostelka! Es ist nicht ganz richtig, wenn man von zwei Schulen spricht, richtiger wäre gewesen, wenn Sie gesagt hätten, dass es diesbezüglich eine eindeutig herrschende Lehre in Europa gibt, die sich nämlich für die demokratische Mehrheit ausspricht. In 13 von 15 EU-Staaten ist das ein Instrument der demokratischen Mehrheit. Nur in Deutschland ist das ein Minderheitsrecht, und seinerzeit in Ihrer Rede zur Verfahrensordnung, Herr Kollege Kostelka, haben Sie ganz detailliert angeführt, dass das deutsche Beispiel in diesem Zusammenhang zum Vergleich nicht angeführt werden könne, weil Deutschland beispielsweise keinen Rechnungshof in unserem Sinne kennt und daher auch kein parlamentarisches Kontrollinstrument, wie wir beispielsweise den Rechnungshof, hat.


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